Kagerer – Nieberle | 22.12.2006

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Familientreffen im Birdland: Wenn (fast) alle Jahre wieder kurz vor Weihnachten das Duo Kagerer-Nieberle den Club in leisem swing verzaubert, schnalzen die Kenner mit der Zunge und kommen von nah und fern gefahren um dem immer noch besten Gitarrenduo des Kontinents zu lauschen.

Helmut Kagerer, der Harmonie-Tüftler auf den Spuren Attila Zollers, und Helmut Nieberle, der dem späten Django Reinhardt ebenso verschrieben ist wie dem Sound Barney Kessels oder Wes Montgomerys , spielen auch zwanzig Jahre nach ihrer ersten Begegnung in traumhafter Zweisamkeit zusammen, ohne dabei den jeweiligen Individualstil zu verleugnen oder zu vernachlässigen: Eine musikalische Freundschaft, die nicht in Gewohnheit erstickt, sondern in hellhöriger Kreativität sich entfaltet. Keiner der beiden hält etwas davon, in der Asche zu stochern, beide tragen je auf eigene Art die Fackel weiter, Kagerer mit der etwas introvertierter wirkenden, eine Spur kantigeren Spielweise, Nieberle mit eleganter Verbindlichkeit, beide auf denkbar hohem Niveau. Seit Apollon vom Olymp stieg und den Menschen die Leier schenkte, ist das gezupfte Saiteninstrument Bestandteil menschlichen Musizierens. Nichts von der ursprünglichen Faszination geht dem verloren, der hier lauschen darf. Wie gesagt, Besseres dürfte in der Gitarrenecke der Alten Welt kaum zu hören sein als solch empathisch kommunizierende, in gegensaitig selbstloser Begleitung aufeinander hörende, solistisch unantastbar schöne Duokultur, die selbst aus dem über alle Maßen strapazierten Winter Wonderland noch ein schimmerndes Schmuckstück von stiller Schönheit herauszaubert.

Damit nicht genug: Als Überraschungsgast haben die beiden Stephan Holstein in den Club mitgebracht, mit dem beide für sich seit vielen Jahren in jeweils unterschiedlichen Konstellationen musizieren. Flugs wird aus einem delikat musizierenden Duo ein ebensolches Trio, das der Dritte im Bunde mit sanfter Stimme und einfühlsamer Aufmerksamkeit bereichert. Allein schon die bluestrunkene Version von Django Reinhardts „Fleur de nuit“ ist ein längeres Nachsinnen wert. Wenn dazu noch der grüne Tannenbaum ein bisschen schräg im Keller steht und der Blues die stille Nacht erfasst, dann wird das Weihnachtskonzert um so sympathischer. Und ganz unabhängig vom jahreszeitlichen Anlass zählt die pure Schönheit unmittelbar berührender Musik.