Von wegen Niemandsland, von wegen Fahrstuhlmusik, von wegen Hochglanzpolitur der Fusion. Von wegen Jazzrock habe sich überholt im Gefussle der Solisten. Wirklich nicht! Was John Scofield und seine drei Jungs im Neuburger Birdland boten, strotzte nur so von Leben, Straße, Groove und kreativer Energie in der immer noch zu wenig erforschten Twilight Zone zwischen Jazz und Rock.
Erdig und spacig, bluesig und würzig, raffiniert, handmade und digitalisiert – Scofield schafft jeden nur denkbaren Spagat zwischen Stilen, Genres und Schubladen spielend, einfach dadurch, dass Grenzen ohne Bedeutung sind im Drive der von ihm initiierten Groovemaschine.
Der Gitarrist, der in den 80ern den Sound des „elektrischen“ Miles Davis prägend mitgestaltete, wandte sich in der Folgezeit verstärkt der reinen Lehre zu, orientierte sich an der Tradition eines Jim Hall, auch an dem von ihm hoch geschätzten Attila Zoller um das Gefühl für den Jazz zurückzubekommen. Vor etlichen Jahren kamen dann wieder mehr die Rock-Gene durch. Seitdem sucht „Sco“ den Dialog mit den Jüngeren, holt sie in seine Band, so wie einst sein Mentor Miles Davis ihn engagiert hat.
„Whatcha see in whatcha get“: Break Beats, Samples und der Funk der letzten Tage, Laptop und – nein, nicht Lederhose, trotz des deutschen Umlauts in „Überjam“ – sondern Delta-Blues, Delay und Detroit, Free Jazz und Hard Rock, Soul und Dancefloor laufen in Scofields Musik Hand in Hand durch Smog und Hype der Zeit: „Every night is ladies night“ mit Ecken und Kanten und flüssiger Dynamik.
Klar geht’s auch mal sanft und leise – „like the moon“ – zu Ehren Zollers. Die meiste Zeit jedoch halten die Youngster, Avi Bortnick an Gitarre und Computer, Andy Hess am E-Bass und Adam Deitch an den Drums, die Groovemaschine unter Dampf, auf der der Meister über die Highways und Passstraßen seiner Soli schwebt mit 4-wheel-drive, sportlichem Getriebe, Lebensweisheit und nie versiegendem Spaßfaktor.