Joe Haider Trio | 12.05.2018

Donaukurier | Karl Leitner
 

Dieses Konzert im Neuburger Birdland ist in mehrerlei Hinsicht eine Besonderheit. Es ist das 200. Konzert der ins Jazzclub-Programm integrierten Reihe „Art Of Piano“, zudem bedient mit Joe Haider einer der wichtigsten und vielseitigsten deutschen Jazzpianisten der Nachkriegszeit die schwarzen und weißen Tasten und schließlich ist es ein Abend voller Geschichten. Was daran liegt, dass Haider mit seinen 82 Jahren sich nicht nur immer noch als origineller Pianist, sondern auch als ein an diesem Abend scheinbar besonders gut aufgelegter Plauderer erweist. Und schließlich liegt’s auch an der Anwesenheit des Flügels der Firma Bösendorfer.

Könnte der sprechen, würde er sicherlich berichten, wie er einst unter Mitwirkung des großen Oscar Peterson seinen Weg ins Gewölbe in der Neuburger Altstadt fand, wie in lockerer Folge Welt-stars wie Tommy Flanagan, Brad Mehldau, Michel Petrucciani, Dave Brubeck und Cecil Taylor ihn zum klingen brachten. Oder eben im Laufe der Jahre immer wieder mal der seit jeher umtriebige und viel beschäftigte Joe Haider, der in seinem Leben schon das legendäre Münchener „Domicile“ leitete, mit dem Rias Tanzorchester und dem Jazzensemble des Bayerischen Rundfunks arbeitete, selber eine Big Band ins Leben rief, eine eigene Plattenfirma sowie eine eigene Jazzschule gründete und diverse andere leitete und –  wie er mit seinem Augenzwinkern sagt –  „dreimal verheiratet und dreimal pleite“ war.

Ja, es ist ein Abend voller Geschichten, Geschichten aus der Biografie Haiders, eines Musikers, der selber deutsche Jazzgeschichte geschrieben hat. Für das Birdland-Konzert gräbt er alte Kompositionen aus, die in ihrer aktualisierten Version mit Raffaele Bossard am Kontrabass und Claudio Strüby am Schlagzeug klingen, als hätte Haider sie gerade eben geschrieben.

Sein akkordreiches Spiel ist nach wie vor typisch für ihn, und man fühlt sich ganz einfach wohl, wenn man ihm bei seinen Exzerpten aus alten Vinylplatten wie „A Land Of Dolls“ oder „Katzenvilla“ zuhören kann, die veröffentlicht wurden in einer Zeit, als ein Label noch „Spiegelei Records“ heißen durfte und, wie Haider erzählt, er für die Einspielung einer Doppel-LP exakt 600 Mark bekam. Besondere starke Nachwirkungen scheinen seine gemeinsamen Auftritte mit dem amerikanischen Saxofonisten Johnny Griffin zu Beginn der Siebziger Jahre gehabt zu haben. „Wenn ich schon mit euch Krauts spielen muss, will ich euch wenigstens beibringen, wie Jazz geht“, soll der gesagt haben, bevor auch nur eine Note gespielt war. – Was dann folgte, weiß man nicht, aber Lehrer wie Schüler scheinen doch einiges richtig gemacht zu haben, denn Joe Haider hat immerhin den deutschen Mainstream Jazz mit seiner individuellen Spielweise maßgeblich mitgeprägt und ist heute ein Jazz-Urgestein, dessen Name nach wie vor Gewicht hat. Und, was das Entscheidende ist: Ihm zuzuhören, tut richtig gut.