Jim Mullen Sextet | 21.11.2003

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Die Erwartungsfreude der zahlreich erschienenen Fans im wieder einmal ausverkauften Birdland Jazzclub wurde vollauf bestätigt: Beim inzwischen dritten Gig der Band um die beiden Gitarristen Jim Mullen und Helmut Nieberle gab es die bewährte süffige Mischung aus Bebop, Swing und Cool zu hören, mit der das Sextet schon in den Vorjahren begeisterte.

Der Einstieg mit „Blues in a Minute“ gab die Richtung vor: Flüssige wendige Soli verbinden sich mit einem in flexibler Stabilität floatierenden Hintergrund aus swingendem Groove und harmonischer Struktur. Jim Mullen schickt bluesig kantenreiche Läufe ins Gewölbe, Helmut Nieberle kontert mit lässig und entspannt perlender Eleganz, Bob Rückerl lässt am Baritonsaxophon eine kühle Brise Westwind durch den Keller streichen, Christian Diener stützt mit liquidem Groove und Scotty Gottwald strichelt den rhythmischen Hintergrund mit allseits wacher Aufmerksamkeit. Da kommt wahrhaft Freude auf bei Clifford Browns „Joy Spring“. Auch der „Small Talk“ gerät beileibe nicht zu solchem, entflicht aus komplex übereinander gelagerten Rhythmen in lebensnaher Dramaturgie mehr und mehr dicht verschränkte Musikalität. Der sechste im Bunde, Sänger Charly Meimer, kommt erst später dazu, schmeichelt mit seidenweich sonorem Bariton etliche Standards a La Nat King Cole, entfaltet sein Timbre vor Allem in den beiden wunderbaren Broadway-Balladen „You and the Night and the Music“ und „Where or When“ in makelloser Stilistik. Meimer bekennt frank und ohne Umschweife „I’m old fashioned“ und swingt in unverkrampfter Fröhlichkeit bei Nat King Coles „Frim Fram Sauce“. Dem Dessauer Emigranten Kurt Weil widmet Jim Mullen solo eine bewegende Interpretation von „My Ship“, Nieberle eine sensibel ausbalancierte Version von „Speak Low“.

„Too young for the Blues“? Beileibe nicht! Das Jim Mullen – Helmut Nieberle Sextett ist mit allen Wassern gewaschen, fließe dieses nun die Donau, die Themse oder den Mississippi hinunter. Der „Bop in Pfaffenhofen“ klingt dabei durchaus nach mehr als nur einem Echo vom „Scrapple from the Apple“. Dem Bayerischen Rundfunk jedenfalls war das Konzert wieder einmal einen Mitschnitt wert in der Reihe Jazz auf Reisen. Vielleicht wird es ja auch in die CD-Edition aufgenommen, die der Birdland Jazzclub und der Bayerische Rundfunk gemeinsam planen.