Jeremy Pelt – George Cables Duo | 29.02.2020

Donaukurier | Karl Leitner
 

Was macht eine aus drei Musikern bestehende Band, wenn ein Drittel der Belegschaft plötzlich krankheitsbedingt ausfällt? Das Konzert absa­gen? Nicht in diesem Fall. Lieber aus der Not eine Tugend machen, zu zweit auf­treten und zwei erstklassige Sets hinle­gen, von denen alle, die dabei sind, si­cher noch lange reden werden. Bassist Peter Washington fehlte im Birdland, da­für gaben George Cables am Flügel und Jeremy Pelt an der Trompete ihrerseits alles.

Duos sind ja geradezu prädestiniert dafür, unübliche Wege zu gehen, ausgetrampelte Pfade zu verlassen und Neues auszuprobieren. Nirgends kann man die zwischen Musikern stattfindende Ver­ständigung so gut beobachten wie im Duo, keine Besetzungsart ist so sehr ge­eignet für waghalsige Experimente, nir­gends gilt die Devise „Mal sehen, was passiert!“ so sehr in wie diesem Fall. Wer sich also auf ein Duo-Format ein­lässt, muss in der Tat wirklich gut sein. Und Cables und Pelt sind wirklich gut. Ersterer spielte in der Tradition Mc Coy Tyners in den Bands von Joe Henderson und Dexter Gordon und es gibt eigent­lich nur ein Adjektiv, das seine Spielwei­se treffend charakterisiert. Er ist schlicht­weg brillant. Ebenso wie Pelt, der aus der Hardbop-Fraktion kommt und Lee Morgan und Freddie Hubbard als entscheidende Einflüsse angibt.

Obwohl sie im Duo auftreten, sind von ihnen an diesem Abend jedoch keine melodischen, harmonischen oder rhythmischen Experimente zu hören, nein, beide kommen überein, den stilistischen Rah­men des Mainstream Jazz als natürliche Grenze zu akzeptieren. Was freilich in­nerhalb dieses Rahmens abläuft, ist großartig. Das alte Spiel von Frage und Antwort, das Übergeben und die Abnah­me von Themen oder Motiven, das Weiterspinnen musikalischer Ideen des Part­ners – das alles geschieht mit einer Souveränität und einer Lockerheit, die ihresgleichen sucht. Es ist viel Blues im Raum, immer wieder ziehen die beiden dessen Schema als Grundlage heran, um auf ihm zu ihren solistischen Höhenflügen anzusetzen.

Und dann sind da noch diese beiden funkelnden Perlen mitten in all dieser vor Kreativität schier berstenden Betriebsamkeit. „Helen’s Song“ vor und „Ebony Moonbeams“ nach der Pause, beides Kompositionen, nein, Geniestreiche aus der Feder George Cables‘, die durch ihre Moll-Attitüde die Handschrift eines echten Könners verraten. Allein für diese beiden Preziosen hätte sich das Eintrittsgeld gelohnt.

Wie das alles mit Kontrabass geklungen hätte, kann man sich nachträglich anhören, wenn man die unter Jeremy Pelt’s Namen erschienene CD mit dem Titel „The Art Of Intimacy, Vol.1“ einlegt. Beim Konzerts freilich stellt sich bereits nach fünf Minuten die Frage nach dem ja eigentlich angekündigten Trio gar nicht mehr. Das Duo zieht die Jazzfans im Birdland dermaßen in seinen Bann, dass eine Alternative zu diesem Format über­haupt kein Thema mehr ist, und das Wort „Ersatz“ kommt einem gar nicht erst in den Sinn.