Jean Philippe Bordier Quartet | 23.03.2024

Donaukurier | Karl Leitner
 

Während sich die Fuß­baller beider Nationen in Lyon treffen, trägt zeitgleich auch der Birdland Jazz­club seinen Anteil zur deutsch-französi­schen Partnerschaft bei. Das Quartett des Gitarristen und Komponisten Jean Phi­lippe Bordier aus Paris hat sich angekün­digt, mit Guillaime Naud an der Vis­count-Orgel, Pascal Bivalsi am Vibrafon und dem aus Frankfurt stammenden Wahl-Pariser Andreas Neubauer am Schlagzeug. Wie in Lyon ist auch hier der Laden ausverkauft und wer vor Ort ist, erlebt einen überaus angenehmen Abend.

Im Grunde sind die knapp zwei Stun­den im Birdland eine einzige große Surf-Session auf den Wellen der Grooves. Die geben ein rhythmisches, durchaus varia­bles Grundmuster vor, gegen das die Themen der Stücke und die Improvisati­on gesetzt werden. Da­durch entsteht ein Spannungsverhältnis, das körperlich sti­mulierend wirkt. Und weil Bordier und seine Kollegen dieses Prinzip so wunder­bar in die Praxis umsetzen, sitzt an die­sem Abend auch kaum einer im Bird­land-Gewölbe, der nicht mit den Beinen wippen, den Oberkörper hin und her be­wegen oder mit dem Kopf wa­ckeln wür­de. Die Mu­sik mit all ihren Funk-, Blues- und Swing­elementen, mit ihrer Verwurzelung im Soul-Jazz der Sechzi­ger Jahre, mit den auf die Rhythmik auf­gesetzten Wohlfühl-Harmonien, mit ihren eingän­gigen Melodien, ist natürlich auch das ideale Vehikel für die Band. Stücke wie „Hipster’s Alley“, „Valse für Dumé“ oder auch „Lélé“ sind Beispiele, das die Grooves in jedem beliebigen Tempo funktionieren, sofern die Band nur tight genug spielt, was sie in diesem Fall zweifelsohne tut. Und so ergötzt man sich an der rhythmischen Elastizität von „Pick Me Up“ und „Vidocq“, dem Stück über einen französischen Krimi­nellen zur Zeit Napoleons, der später Po­lizeipräfekt wurde, aber auch an der knackigen Funk-Variante bei „Doc Oli­go“ und „Skunk“.

Zwei Dinge fallen auf. Zum einen spielt das Quartett ausschließlich ältere Stücke und bis auf zwei Ausnahmen nichts aus der aktuellen CD „4 Is More“, zum ande­ren scheint Bivalski eine Sonderrolle einzunehmen in der Band. Während die anderen sich und auch ihn harmonisch unterstützen, wenn ein Solo ansteht, tut Bivalski das nicht sondern hat Pause, ob­wohl er ja ein Harmonieinstrument vor sich hätte. Daraus ergeben sich zwar kei­ne Auswirkungen auf die Qualität der Musik, aber eigenartig ist es doch. Wo­bei er mit seinen solistischen Ausflügen andererseits aber wiederum maßgeblich dazu beiträgt, dass ein ums andere Mal Applaus auf offener Strecke aufbrandet. Auch bei „Saturday Night Fever“ in An­lehnung an den gleichnamigen Disco-Hit von 1977, weil die Band auch hier die richtige Groove-Welle erwischt, wenn­gleich das Stück aber dennoch nicht so recht ins Konzept passen will, weil man dabei automatisch an all den Glitter und das stupide Oberflächengedudel des Ori­ginals denkt und die wirklich originelle Bearbeitung Bordiers fast aus dem Blickfeld gerät. Es riecht halt ein wenig zu sehr nach „George Benson meets Roy Ayers meets James Taylor“, und das hät­te es nicht unbedingt gebraucht. Den gesamten Rest freilich schon, denn der machte so richtig Spaß, und auch der Schreiber dieser Zeilen gibt gerne zu, durchgehend, ausgiebig und kräftig mit­gegroovt zu haben.