Italian Organ Trio | 08.12.2018

Neuburger Rundschau | Peter Abspacher
 

Der Jazzkeller des Birdland Neuburg ist nicht nur wegen seines exquisiten Programms für internationale Stars ein begehrter Spielort. Das Gewölbe bietet auch ein ganz besonderes Ambiente, zwischen Künstlern und Publikum liegen maximal zehn Meter. Man hört jede Kleinigkeit und kann sie genießen. Allerdings hat diese feine Akustik auch ihre Tücken. Zu viel Volumen verträgt dieser Raum nicht gut.

Damit hatte das musikalisch grandiose Italian Organ Trio (Alberto Marsico an der Hammond-Orgel, Lorenzo Petroccfa an der Gitarre und Tommy Bradascio am Schlagzeug) über einige Songs hinweg zu kämpfen. Die Bässe waren anfangs entschieden zu laut, auch der Gitarrenklang überraschte gelegentlich mit Schärfen über das Maß hinaus. Hinweise aus dem Publikum kamen schnell, aber die vollständige Korrektur dauerte länger, als es hätte sein müssen. Das war schade. Denn die Nachjustierung brachte die wahren Qualitäten dieses Trios sofort zur Entfaltung. Die drei Italiener beherrschen das kammermusikalische Miteinander ebenso wie die musikantischen Exkurse in ihren brillanten Soli.

Die Hammond-Orgel, manchmal als etwas unscharfes, ja breiiges Instrument verschrieen, entpuppte sich unter den Händen von Alberto Marsico als wahrer Verwandlungskünstler. Mal glaubte man eine Klarinette oder eine Querflöte zu hören, dann (fast) den klaren Sound eines Flügels, Anklänge an das Saxofon erfüllten den Birdland-Keller und wenn es sein musste, gab die Orgel auch einen „Ersatz“ für eine ganze Bigband. Im Song „O soul mio“ etwa lieferte Marsico dieses Kunststückchen ab. Die Komposition von Count Basie war ein Glanzlicht des Abends, eine Art Hommage und zugleich eine Kontrafaktur des alten Schlagers „O sole mio“, witzig verfremdet und mit allen Wassern des Swing gewaschen. Die drei Jazzer warfen sich mit ihren Solo-Passagen die Bälle zu und nahmen den Drive sofort auf.

Offenbar hatten sich die Jazzer aus Bella Italia vorgenommen: Je später der Abend, umso mehr drehen wir auf. Nicht in der Lautstärke, sondern rein musikalisch. Ein Titel namens „Der Pate“ geriet zum faszinierenden Song, ständig zwischen feinen Harmonien und einem bedrohlichen Unterton wechselnd. Sozusagen nach der Devise, wenn es sehr leise wird, dann wird es ernst. Eine originelle Idee von Alberto Marsico, diesen Song Manfred Rehm zu widmen, dem Paten – pardon, dem Impresario des Birdland Neuburg – zu widmen.

Und mit so grundverschiedenen Nummern wie „Estate“ und „Volare“ zeigten die drei Gäste aus Italien, welch komplette Jazz-Musiker sie sind. „Estate“ erzählt eine wunderbare Geschichte aus Sizilien: Ein Mann erlebt im Sommer seine große, aber unglückliche Liebe – natürlich unglücklich, glücklich wäre ja langweilig, sagt Marsico. Dummerweise herrscht in Palermo fast immer Sommer, also wird es schwierig mit dem Vergessen. Diese emotionalen Kosmos setzten Orgel, Gitarre und Schlagzeug perfekt in die Sprache der Musik um, leicht, schwebend, tief melancholisch und von einer gebrochenen Schönheit geprägt.

Zu einem Leckerbissen der musikalischen Ironie gerät „Volare“. Nur allzu bekannt und eigentlich ziemlich ausgelutscht, aber in der rhythmisch und harmonisch raffinierten Version des Italian Organ Trio ein reiner Spaß. Die Musiker ermunterten das Publikum, ruhig mal mitzusingen, aber das taten die Zuhörer nur ein paar Takte lang. Aus gutem Grund: die Musik war so toll, dass man sie eigentlich nicht stören wollte.