Eigentlich laufen die Karrieren des Tenorsaxofonisten Eric Alexander und die seines Kollegen Vincent Herring am Altsaxofon wie geschmiert. Regelmäßige Tourneen um die ganze Welt, regelmäßige CD-Veröffentlichungen und als Partner von Horace Silver, Freddie Hubbard, Art Blakey und Dizzy Gillespie eine Vita, um die sie viele Kollegen beneiden würden.
Nun stehen sie gemeinsam anlässlich des aktuell laufenden Birdland Radio Jazz Festivals auf der kleinen Birdland- Bühne im Kellergewölbe unter der ehemaligen Hofapotheke und zelebrieren unter dem Titel „The Battle“ einen dieser Wettstreite zweier Saxofonisten, wie sie einst in New York, wo auch Herring und Alexander herkommen, von Leuten wie Sonny Stitt und Eddie „Lockjaw“ Davis etabliert wurden. Wobei es natürlich nicht darum geht, wer Sieger wird, sondern darum, zwei klangliche Farben zusammenzumischen und dabei jede Menge Spaß zu haben. Und den haben sowohl die Musiker, die erst nach zweieinhalb Stunden die Bühne verlassen, obwohl sie bereits früh am nächsten Morgen ins italienische Ferrara aufbrechen müssen, als auch die Zuschauer im Saal, die jede Minute genießen.
Es ist gehörig Betrieb auf der Bühne. Die beiden Bläser erzeugen mächtig Druck, wenn sie ihre rasanten Bebop-Themen vorstellen. Die versetzt arrangierten aber absolut synchron laufenden Motive haben enorme Zündkraft, der Zusammenklang ist hervorragend. Und wenn sie dann solistisch zum Duell antreten, geht endgültig die Post ab. Obwohl Alexander im normalen Leben eher ein Balladen-Spezialist ist – seine umfangreiche CD-Reihe unter dem Titel „Gentle Ballads“ belegt das – und Herring sich viel im Bereich des Modern Jazz bewegt, stehen sie bei „Uncle Eddie“ – Eddie Harris gewidmet – solidarisch knietief im Soul Jazz und bei „You Are The Sunshine Of My Love“ getreulich vereint dem Soul-Pop eines Stevie Wonder ganz nahe. Bei einem Wettstreit wie diesem ist jedes Mittel erlaubt, Hauptsache es dient der gemeinsamen Sache.
Streithähne brauchen Betreuer, Duellanten brauchen Sekundanten. Das sind Xaver Hellmeier am Schlagzeug und Giorgios Antoniou, perfekte Sidemen wie immer, wenn sie im Birdland spielen, und stets ein wenig mehr als nur das. Und dann ist da noch dieser Mike LeDonne. Herring kündig ihn so an: „Ladies and Gentlemen, ein Weltklasse-Pianist an einem Weltklasse-Flügel!“ Womit er doppelt recht hat, denn was LeDonne aus dem edlen Instrument aus dem Hause Bösendorfer herausholt, ist sensationell. Seine Soli sind atemberaubend. Unter seinen Fingern klingt der Flügel fast wie von einem anderen Stern. Trotz so toller Stücke wie Alexander’s „Nemesis“ oder Herring’s „Preaching To The Choir“ ist seine Solo-Bearbeitung von Mc Coy Tyner’s „For Tomorrow“ so etwas wie der heimliche Battle-Winner, obwohl er gar nicht am Wettbewerb teilnimmt, sondern quasi außer Konkurrenz läuft. Was für tolle 150 Minuten!
Wer das Konzert, zumindest in Teilen, nachhören möchte, kann dies am 16. Februar 2024 in der Reihe „Jazz auf Reisen“ ab 23. 05 Uhr auf BR-Klassik und anschließend eine Woche lang in der BR-Mediathek tun.