Dominic Miller & Band – Audi Forum Ingolstadt | 20.02.2020

Donaukurier | Karl Leitner
 

Sein Arbeitgeber Gordon Matthew Thomas Sumner alias Sting bescheinigt ihm, er sei nicht nur seine rechte Hand, sondern die rechte und linke gleichzeitig. Er selbst sagt über sich, er wolle mit seiner Musik Bilder malen. Die Rede ist von Dominic Miller, dem Ausnahmegitarristen mit dem unendlich weiten stilistischen Horizont, den man auch auf vielen Aufnahmen von Phil Collins, Tina Turner und Nigel Kennedy hören kann, dem Hauptverantwortlichen für den weltberühmten, typischen Sting-Sound.

Mit seiner eigenen Band (Mike Lindup am Piano und an den Keyboards, Santiago Arias am Bandoneon, Nicolas Fisz­man am E-Bass und Rhani Krija an der Perkussion) tobt er sich – von den Ge­setzmäßigkeiten und Einschränkungen des Pop befreit – so richtig aus, schlägt in einem Fort Brücken zwischen Jazz, Pop und Weltmusik, zwischen ethni­schen Klängen und kammermusikali­schen Einschüben, zwischen pumpenden Grooves und fragilen Spielereien, zwischen einer Band, die mit Volldampf auf die Eins losgeht, und wunderschön ge­setzten Pausen, die das Konstrukt auf-, aber nie einreißen. Es dürfte wohl niemand geben im ausverkauften Audi Fo­rum, der angesichts dieser atemberaubenden, komplexen und dennoch stets zugänglichen, mit traumwandlerischer Sicherheit vorgetragenen Musik nicht hingerissen wäre. In der Tat, mit fortlau­fender Dauer wird immer deutlicher, was Sting mit seiner eingangs zitierten Äuße­rung meint.

Doch dann kommt es zum Bruch. Leider ändert die Band Mitte des zweiten Sets nämlich komplett ihre Richtung und fängt an zu covern. Auch mit der Bearbeitung von Fremdtiteln ist Miller ja be­reits weltweit in Erscheinung getreten und um Sting’s „Fragile“ kommt er na­türlich auch dann nicht herum, wenn er mit eigener Band unterwegs ist. Diese Nummer und auch der Beatles-Klassiker „A Day In The Life“ passen ja auch noch recht gut ins Gesamtkonzept, nicht aber „Heart Of Gold“. Wer diese Nummer nachspielt, muss scheitern, sogar ein Do­minic Miller im Verein mit Mike Lindup als Sänger, denn Neil Young ist nun mal eine Welt für sich. Was Miller schließ­lich dazu bewogen hat, eine Belanglosig­keit wie „Stayin‘ Alive“ von den Bee Gees ins Programm zu nehmen, bleibt rätselhaft. Diese Nummer war schon bei ihrer Erstveröffentlichung grauenhaft und ist auch von einem Könner wie ihm nicht zu retten. Wollte er den Unsinnigen Donnerstag würdig begehen? Oder kommt ihm von Zeit zu Zeit ganz einfach seine Pop-Affinität, die ihm natürlich zugestanden sei, allzu sehr in die Quere? – Man weiß es nicht, man wun­dert sich nur.

Nimmt man freilich die letzten 15 Minuten aus der Wertung, war das Konzert der Dominic Miller Band eine wirklich tolle Sache, eine Werbung für stilistische Offenheit, eine Demonstration von Mu­sikalität auf höchstem Niveau. Das be­legt auch der geradezu euphorische Schlussapplaus, den Miller für den Abend ganz zurecht bekommt und dem man sich gerne anschließen möchte. Ausgenommen die letzte Viertelstunde.