Daniel Guggenheim New York Quartet | 24.10.2014

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

Sehr erfrischenden Mainstream Jazz der moderneren Art bot das Daniel Guggenheim New York Quartet im Birdland Neuburg. Jazz mit offenem Visier, knackig und klar, ohne Kompromisse, Netz und doppelten Boden.

Leidenschaftlich und kraftvoll spielt Daniel Guggenheim Tenor- und Sopransaxophon, ein Musiker mit sehr eigenem, sonorem Sound und selbstbewusstem Standing. Bei allem Traditionsbewusstsein keinesfalls epigonenhaft legt er jede Menge Blues, Energie und Spirit in sein Spiel. Guggenheim surft förmlich auf dem zuweilen schier hypnotischen Groove der Band. In ungemein flüssigem Drive wirkt das so elegant wie athletisch. Ein großer Könner seines Fachs zelebriert „The Passion of Moments and Time“.

Eindeutig mit beiden Füßen in der Moderne verwurzelt scheut der 60jährige Schweizer weder sanfte Melodiosität noch griffige Themen und klare Riffs. Aus denen freilich hebt er ab, fliegt förmlich durch bissfeste Soli, deren Inspiration durch die Helden der 50er er gar nicht leugnen mag: „Minor Blue“ versteht Daniel Guggenheim als Reverenz an die alten Heroes, deren Bilder er im Club ehrfürchtig bewundert. Da verneigt sich der Meister in unmittelbarer Berührung vor den Lehrern der Geschichte. Das bläst zugleich den Staub aus allen Ritzen und dem Blues ins Gesicht wie ein Sturmwind, in dem die Drachen tanzen.

Dazu eine Band der Extraklasse, allen voran der unglaubliche Hochgeschwindigkeitspilot Peter Madsen am Bösendorfer! Ihn möchte man gern in einem eigenen Konzert sehen. Das Rhythmusduo aus Sean Smith am Bass und Devin Grey am Schlagzeug sorgt mit Schneid für so sensiblen wie handfesten Groove.

Dass dahinter auch jede Menge Gefühl steht, beweisen solch wunderbare Balladen wie das von Astor Piazolla inspirierte „Love’s Lost Way“, zu dem Guggenheim selbst den Ausgangspunkt für’s Kopfkino malt: Ein französischer film noir, ein Auto im Bois de Bologne, müde schleppende Scheibenwischer, eine tränenüberströmte Frau … Bonjour tristesse!

Manchmal ist Melancholie ja auch das Glück der traurigen Leichtigkeit des Seins. Peter Madsen liefert ein hochemotionales Solo auf den Spuren Chopins, Sean Smith lässt den Regen von den Saiten tropfen, Devin Grey kleidet die Einsamkeit in leise schlurfende Rhythmen.

Dann wieder „Toasted“, ein echter Burner, voller Power, Groove und swingendem Temperament: Musik zum Durchatmen!