Das Birdland Radio Jazz Festival geht ins 15. Jahr. Seit fast ebenso langer Zeit ist es gute Tradition, die herbstliche Konzertreihe, die vom Bayerischen Rundfunk mitgeschnitten und zeitversetzt über die Programme Bayern 2 und BR Klassik ausgestrahlt wird, nicht im Birdland Jazzclub in Neuburg, sondern im Ingolstädter Audi Forum beginnen zu lassen. Deswegen hat Birdland-Chef Manfred Rehm das im spanischen Salamanca beheimatete Daniel García Trio eingeladen, das mit einem überragenden Konzert eindeutig die Annahme widerlegt, Spanien habe in musikalischer Hinsicht ausschließlich mit Flamenco zu tun.
Freilich, in den Kompositionen García’s, die die Band, die aus ihm selbst am Klavier, Reinier „El Négron“ Elizarde am Kontrabass und Shayan Fathi am Schlagzeug besteht, so vorzüglich umsetzt, schwingt schon ein hoher Anteil an iberischen Einflüssen mit, und es ist auch recht schnell kein Geheimnis mehr, dass sein Mentor Danilo Pérez und auch der große Chick Corea Spuren bei ihm hinterlassen haben. Ebenso wie seine Zeit in den USA und sein Interesse an Pop und Rock, aber der Mann lebt schließlich nicht in einer ausschließlich dem Jazz vorbehaltenen Blase. Und das ist auch gut so.
Es gehe ihm darum, sagt er, die einem selbst oftmals unbekannten Landschaften in sich selbst zu entdecken. Und weil das eigentlich fast immer zu überraschenden Ergebnissen führt, sind die meisten Stücke des Abends auch auf einem Album namens „Wonderland“ gebündelt, während der Rest von „Travesuras“ und „Vía de la Plata“ stammt, die García bereits 2022 im Birdland vorstellte. Exzellenter Saalsound, immense Spielfreude mit stets lächelnden Musikern und höchstes musikalisches Können treffen bei diesem Trio aufeinander und ergeben zusammen mit dem kompositorischen Wagemut García’s trotz der nicht selten verästelten und vielgestaltigen Stücke ein absolut rundes Gesamtpaket. Die markante Linienführung von „El Négron“ und sein wunderschöner, markanter Sound, Fathi’s dicht gewebter, ungemein elastischer rhythmischer Teppich und García, dessen perlendes Spiel zwar auch viel mit Karibik zu tun hat, aber weit über das hinausgeht, was man gemeinhin als „Latin Jazz“ bezeichnet, machen Stücke wie „The Gathering“, „La Comunidad“ oder „Gitanilla“ in der Zugabe mit ihren wunderschönen Melodien zum Ohrenschmaus.
Das Schürfen im eigenen Ich und die Grabungen im „Wonderland“ führen an diesem Abend also zu überaus erfreulichen neuen Erkenntnissen, etwa der, dass diese Band seit ihrem letzten Konzert in der Region im Januar 2022 nochmal einen riesigen Schritt gemacht hat und ihr Weg noch lange nicht zu Ende ist. Ja, García hat eine beständige Truppe um sich geschart, zu der auch seit langem Shayan Fathi gehört, der kurzfristig für den etatmäßigen Drummer Michael Olivera eingesprungen ist, hat eine ganz eigene Nische für sich und seine Musik entdeckt und seinen eigenen „Sound“ gefunden. Und noch eine Erkenntnis ist sehr wohltuend: Jazz im Audi Forum steht nicht immer nur für traditionellen Jazz oder große Ensembles, sondern auch mal für ein „ganz normales“ Piano Trio, das aber natürlich alles andere als normale Musik macht, sondern eigenständige und außerordentliche. Die Sache funktioniert und das Publikum zeigt sich begeistert, was Veranstalter und Gastgeber gleichermaßen ganz gewiss freuen wird.

