Cassablanka | 06.12.2024

Donaukurier | Karl Leitner
 

Während die einen sich draußen auf dem Karlsplatz auf dem his­torischen Neuburger Christkindlmarkt vergnügen und versuchen, einen Blick auf den Nikolaus zu erhaschen, wozu der Abend des 6. Dezember ja durchaus ge­eignet erscheint, strömen die anderen in den gegenüber im Keller der ehemaligen Hofapotheke beheimateten Birdland Jazzclub, um dort „Santa Claus is Co­ming To Town“ zu lauschen, das Cassa-blanka dort als zweite Zugabe ihres mitt­lerweile zur Tradition gewordenen Vor­weihnachtskonzerts ausgewählt ha­ben. Santa Claus zu Gast beim Nikolaus also und amerikanischer Jazz in bayerischen Advent.

Der Club ist bis auf den letzten Platz gefüllt von Menschen, die sich in der Hektik vor dem Fest gerne eine Auszeit nehmen, alten Jazz lieben oder auch nur einfach eine Musikerin oder einen Musi­ker persönlich kennen, denn die kommen allesamt aus der Stadt selber oder dem Umland und die hohe Qualität ihrer Auf­tritte in den letzten Jahren hat sich her­umgesprochen. Wie stets beginnt die Band als Septett mit Dixieland, Ragtime und New Orleans Jazz und geht dann kurz vor der Pause über auf Swing und Bebop, stöbert im Repertoire der einsti­gen Big Bands und in den Archiven der Broadway-Komponisten. Zu diesem Zeit­punkt ist man schon zu neunt, hat die Kern-Band mit Alexander Großnick (Te­norsaxofon, Klarinette), Nils Niermann (Alt- und Baritonsaxofon, Klarinette), Gerhard Hörmann (Trompete), Christian Rehm (Posaune,), Renate Hörmann (Kontra­bass), Brigitte Pettmesser (Kla­vier) und Florian Herrle (Schlagzeug) er­weitert um die Sängerin Sylvia von der Grün und Peter von der Grün am Altsa­xofon. Und hat damit auf die eher zu­rückhaltend interpretierten Stücke wie „The Sheik Of Araby“ und „Ain’t Misbe- havin’“ vor der Pause noch eine Schippe draufgelegt. John Klenner’s „Just Fri­ends“, George Gershwin’s „Fas­cinating Rhythm“, Charlie Parker’s „My Little Suede Shoes“ und Jimmy Van Heusen’s „Come Fly With Me“ wirken ungleich spritziger und der den Big Bands näher stehende Sound tut der Band gut.

Cassablanka schaffen es wieder einmal, Kontakt zum Publikum herzustellen, ob­wohl sie sich diesbezüglich mitunter selbst das Leben schwer machen, weil sie sich mit den Ansagen zwischen den Songs doch recht viel Zeit lassen und zu­lassen, dass die musikalisch erzeugte Spannung immer wieder unnötig ab­sackt. Informationen über die Songs sind bereichernd, ganz klar, aber „Georgia On My Mind“, „Fly Me To The Moon“ oder „It’s Wonderful“ muss man eigentlich nicht mehr eigens ankündigen.

Nationale Jazz-Größen und internatio­nale Stars aus allen Kontinenten sind das Aushängeschild des Birdland Jazzclubs. Ebenso wichtig ist Manfred Rehm, der die Bands nach Neuburg holt, aber auch die Sze­ne vor Ort. Deswegen steht ein Großteil des Dezember-Programms auch unter dem Motto „jazz regional“. Frei­lich wer­den es die wenigsten der Künst­ler, die unter dieser Überschrift im Bird­land auf­treten, in die Bildergalerie der Stars schaffen, die in den Räumen des Clubs die Wände ziert, aber das ist uner­heblich. Wenn sie gut genug sind, kön­nen sie in einer weithin bekannten Loca­tion mit ex­zellentem Ruf auftreten, was für die Band-Vita ja alles andere als schlecht ist. Cassablanka sind gut genug. Seit Jahren bereits und auch diesmal wieder. Wie sie es immer wieder schaf­fen, den alten Stü­cken ihren Stempel aufzudrücken, hat Stil und ist aller Ehren wert.