Auf dieser Bühne treten bekannte, oft genug weltberühmte Musiker auf, die Zuhörer kommen
oft von weit her in den bundesweit renommierten Birdland-Jazzclub. Wer am Freitag nach Neuburg gereist war, um die Band mit dem originellen Namen „Cassablanka“ zu hören, der konnte eigentlich nur glauben, dass auch da ziemlich gute Profis am Werk sind.
Aber Cassablanka, vor gut zehn Jahren als Salonorchester gegründet, besteht ausschließlich aus Amateuren. Von Beruf sind sie Bankangestellte, Juristen, ein Bereitschaftspolizist und ein kommunaler Wahlbeamter, genauer gesagt der Landrat von Neuburg-Schrobenhausen. Ein Gast von auswärts drückte es so aus: Das sollen Amateure sein? Die spielen ja wie die Profis.
Kann man so sagen. Der vier- und fünfstimmige Bläsersound mit Alexander Großnick (Tenorsaxofon und Klarinette), Gerhard Hörmann (Trompete), Christian Rehm (Posaune), Niels Niermann (Baritonsaxofon) und Peter von der Grüm (Altsaxofon) ist blitzsauber und hervorragend aufeinander abgestimmt. Die komplexen Harmonien kommen überzeugend über die Rampe, die Musik swingt und groovt, dass es eine Freude ist.
Die Sängerin Sylvia von der Grün füllt das Kellergewölbe mit einer emotional wie intonatorisch beeindruckenden Jazzstimme. Und die Rhythmusgruppe mit dem facettenreichen Schlagzeuger Florian Herrle, der grundsoliden Bassistin Renate Hörmann und der dezenten, aber doch stets präsenten Pianistin Brigitte Pettmesser legt ein bombensicheres Fundament.
Am Anfang, speziell bei den balladenhaften Passagen ist noch Nervosität spürbar. Aber Cassablanka spielt sich schnell frei. Die Bläsersoli der strahlenden Trompete, der warm tönenden Posaune, der in allen Varianten singenden Saxofone und der Klarinette kommen mit musikalischem Gefühl und elegant, nie zu massiv für diesen akustisch sensiblen Raum. Die feinen rhythmischen Verschiebungen und Finessen, die erst den richtigen Swing machen, entfalten ihre volle Wirkung. Die Band hat sichtbar und spürbar Vergnügen bei der „Arbeit“, dem Publikum geht es beim Zuhören genauso.
Ein paar Titel , exemplarisch herausgegriffen: „Georgia on my mind“, ein echter Schlager unter den großen Standards, klingt mit den perfekt gestalteten Soli von Altsaxofon und Posaune ebenso
mitreißend wie im kompletten Bläser-Quintett. Der Mackie-Messer-Song aus der Dreigroschenoper
lässt durch Sängerin und Band eine ganz andere, herbere musikalische Welt aufscheinen. Gleiches gilt, in wieder anderer Art, für den Song „Blue skys“ von Irving Berlin oder das „Hallo Dolly“ aus einem Broadway-Musical.
Welche Entwicklung Cassblanka unter dem Bandleader Alexander Großnick genommen hat und nimmt, zeigt nicht zuletzt der Titel „Perdido“. Das bedeutet soviel wie verloren oder aufgeschmissen. Und nicht so versierte Amateure könnten bei diesem Song schon aufgeschmissen sein. Denn die kurzen, markanten Motive greifen kompliziert ineinander, die Harmonien sind oft ziemlich schräg. Cassablanka nimmt diese Herausforderung souverän an und hält das spannungsreiche Stück mit musikalischer Leichtigkeit zusammen. Man könnte sagen, eine reife Leistung.