Black Art Jazz Collective | 25.10.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Wayne Escoffery (Tenorsaxofon), Jeremy Pelt (Trompete), James Burton III (Posaune), Xavier Davis (Klavier), Corcoran Holt (Kontrabass) und Marc Whitfield Jr. (Schlagzeug) sind derzeit die Quintessenz dessen, was die junge schwarze New Yorker Hardbop-Szene zu bieten hat. Ganz bewusst verzichten sie bei ihrem gemeinsamen Projekt, dem Black Art Jazz Collective, auf die Rolle eines Anführers. Die Band wird demokratisch geführt, Entscheidungen werden gemeinsam getroffen.

Dass dieses Konzept zutiefst politisch ist, beweist das Sextett bei seinem Auftritt im ausverkauften Neuburger Birdland Jazzclub fast mit jedem Stück. Das ist der eine Aspekt. Der andere ist die Betonung auf „schwarz“. „Say It Loud, I’m Black And I’m Proud“, hieß es einst bei James Brown und könnte es auch an diesem Abend heißen. Wie einst die Bürgerrechtsbewegung aus dem afroamerikanischen Blickwinkel heraus agierte, tut dies auch diese Band, nur eben mit Tönen. Wenn sie das Stück „Salvador de Bahia“ spielt, werden damit eine ganze Menge afrikanische Einflüsse hörbar, was nicht von ungefähr kommt, denn schließlich landeten in dieser brasilianischen Stadt die ersten Sklavenschiffe aus Afrika. Dass es sich bei diesem Hintergrund nicht um eine fröhliches Sambanummer zu Untermalung des Strandlebens handeln kann, sondern um ein hartes und zorniges akustisches Statement, ist nachvollziehbar.

Die politische Haltung und der Ausdruck schwarzen Selbstbewusstseins ziehen sich wie ein roter Faden durch das Konzert. „Armor Of Pride“ und „When Will We Learn?“ sind vergleichbare Kompositionen und „Awaiting Chance“ ist ausdrücklich Barack Obama gewidmet, „den Präsidenten, den wir am allermeisten vermissen und doch so dringend bräuchten“, wie Jeremy Pelt es in seiner Ansage ausdrückt.

Wie Art Blakey’s Jazz Messengers zur Zeit des Marsches auf Washington beruft sich das Black Art Jazz Collective auf Hardbop und Modern Jazz voller Energie und Lebendigkeit. Die Musik des Sextetts ist teilweise der nachträgliche Soundtrack zur geballten Faust der US-Sprinter Tommie Smith und John Carlos bei den Olympischen Spielen 1968 in Mexiko City in einer Zeit, die der damaligen nicht ganz unähnlich ist. Aber eben nur teilweise, denn das Sextett im Birdland bietet mit „Awaara Amma“ und „And There She Was, Lovely As Ever“ eine Alternative an, in der sich Martin Luther King’s „I Have A Dream“ noch einmal aufs Neue mit Inhalt füllt, mit Werten wie Empathie, Zuneigung, Solidarität und innerer Verbundenheit.

In zweierlei Hinsicht ist das Konzert im Birdland also durchaus als Weckruf zu verstehen. In politischer Hinsicht, aber eben auch in musikalischer und akustischer, gibt es doch durchaus Passagen im Laufe des Abends, in denen das Sextett wie ein Orkan durch das Gewölbe unter der Hofapotheke fegt. Dass nach dieser Vorstellung niemand das Birdland unbeeindruckt verlassen würde, war nach diesen beiden fulminanten Sets absehbar.