Arthur Kell Quartet | 31.05.2025

Donaukurier | Karl Leitner
 

Statt die Saison wie in den vergangenen Jahren mit eher sanften Klängen ausklingen zu lassen, hat Birdland-Chef Manfred Rehm für den letzten Abend der Spielzeit 2024/25 mit der Verpflichtung des Arthur Kell Quartets aus New York noch einmal für einen Paukenschlag gesorgt. Nein, diese Band hatten wohl die wenigsten auf dem Schirm und dass sie eines der besten Konzerte der gesamten und an Höhepunkten ja beileibe nicht armen Saison hinlegen würde, konnte man vorab nicht wissen. Nun, zumindest all jene, die trotz sommerlicher Temperaturen ein letztes Mal vor der Sommerpause den Weg in den Neuburger Jazzclub gefunden haben, sind nun um eine Erfahrung reicher.

Das Arthur Kell Quartet ist – mit einem Wort gesagt – sensationell. Arthur Kell am Kontrabass, der in Brooklyn selber einen Jazzclub betreibt und nicht müde wird, das Birdland und alle, die zum dortigen Team gehören, mit Lob regelrecht zu überschütten, der brillante Drummer Allan Mednard und die beiden Gitarristen Brad Shepik und Nate Radley legen zum Abschluss ihrer 17 Städte umfassenden Europa-Tournee zwei dermaßen überragende Sets hin, dass man phasenweise nur ungläubig staunen kann. Das geht mit den Twin Guitars los, die solieren und begleiten, gemeinsam ihres Weges gehen, getrennt voneinander Akzente setzen, dann wie aus dem Nichts heraus verschmelzen, zusammen unisono mit ihrem Chef am Bass Kell’s wunderbare Themen vorstellen, sie umspielen, variieren, interpretieren, kommentieren, sich von ihnen zu verabschieden scheinen, nur, um dann wieder zu ihnen zurückzufinden.

Das geht weiter mit dem Bandchef selbst, dessen Stücke „Haflat Zifaf“, „Dry Delta“ oder auch „Polyamorphous“ heißen, was aber laut Kell selbst ziemlich egal ist, denn entscheidend sei die Musik, die er mit dem Bass zusammen hält und voran treibt. Diverse Themen, Melodien und Rhythmen finden zusammen und ergeben Stücke, die – was typisch für Kell’s Vorgehensweise als Komponist ist – oft aus Single Note-Melodien entstehen und dann mit Akkorden enden, die die Spannungsbögen auflösen. Wobei, wie Kell sagt, eigentlich nur die Themen und ein paar Melodien vorgegeben seien und der Rest improvisiert werde. Wie auch immer, „Pisiotta Blue“ fließt, gurgelt und sprudelt, „Regatta“ pulst und pumpt sich vorwärts, „The Djado“, benannt nach einem Hochplateau zwischen Niger und Algerien, entwickelt hypnotische Wirkung, „Speculation“ schwebt ganz sanft auf einer Wolke am Ohr des Zuhörers vorüber und „Crinkum Crankum“ enthält „eine Menge Wendungen und Umwege“, wie Kell sagt. Alles fließt, hat einen unwiderstehlichen Flow, weil Allan Mednard nicht nur ein echter Teufelskerl ist, wenn es um spektakuläre Soli geht, sondern zudem die seltene Fähigkeit besitzt, auch bei höchstem Tempo Becken und Trommeln zu streicheln, statt auf sie einzuhämmern. Das ergibt einen Teppich, der geradezu unwiderstehliche Magie ausübt.

Was für tolle, mitreißende und außergewöhnliche Musik, was für eine perfekt abgestimmte und bestens gelaunte Band. Nachdem der letzte Ton der Zugabe verklungen ist, verlässt wohl mancher – was nach diesen außergewöhnlichen 120 Minuten nicht verwunderlich ist – das Birdland mit etwas Wehmut, denn erst am 12. und 13. September mit den Gastspielen von Scott Hamilton & Friends wird sich die Tür hinunter ins Birdland-Gewölbe wieder öffnen. Bis dahin ist Sommerpause.