Anna Lauvergnac International Quartet | 08.11.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Es gibt ganz wenige Sängerinnen, die in derart vielen Disziplinen eine gute Figur abgeben. Jazz und Blues, Ballade und Chanson, Broadway und Spelunke. Anna Lauvergnac, die ursprünglich aus Triest stammt und lange Zeit beim Vienna Art Orchestra tätig war, gehört zu ihnen. „Anna singt aus ihrem Herzen“, sagte einst ihre Mentorin Sheila Jordan über sie. Dass dem tatsächlich so ist, davon kann das Publikum sich an diesem Abend im Birdland Jazz-club in Neuburg überzeugen.

Sie ist gesundheitlich leicht angeschlagen, was man ihrer dunklen Stimme, die hier fast brüchig wirkt, aber allenfalls bei den intimen Balladen anmerkt, bei „Angel Eyes“ etwa, bei dem sie sich lediglich von ihrem Pianisten Claus Raible begleiten lässt. Hat sie aber die komplette Band mit Giorgos Antoniou am Kontrabass und Steve Brown am Schlagzeug im Rücken, verschwindet dieser Eindruck sofort. Sie fühlt sich ein in die Thematik der von ihr ausgewählten Stücke, ergründet ihre Aussage. Es ist für sie wichtig, wie der Song sich anfühlt. Danach richtet sich ihre Interpretation. Ob frech, burschikos, sinnlich, liebevoll, ob nachdenklich oder traurig – die Facetten sind mannigfaltig, die gesangliche Umsetzung spiegelt wider, wie es ihr jetzt gerade, in diesem Augenblick hier auf der Bühne des Birdland, mit dem Song geht. Das ist grundehrlich, was das Publikum natürlich sofort spürt und mit Applaus quittiert. Anna Lauvergnac scattet nicht, zerdehnt nicht Laute und Silben, spielt nicht mit dem Text. Sie ist keine Sängerin, die mit ihrer Stimme Kunststücke oder Kapriolen macht. Das würde ihrer Art widersprechen, es bewusst zuzulassen, dass sie selbst quasi zum Werkzeug der jeweiligen Komposition wird.

Das Risiko in diesem Fall liegt darin, dass damit das Gelingen eines Konzerts bei ihr auch abhängt davon, wie sie selbst zu dem betreffenden Zeitpunkt emotional „drauf“ ist, wobei Befürchtungen in dieser Hinsicht freilich für den Abend im Birdland völlig fehl am Platz sind. Und sie hat ja überdies auch noch diesen Teufelskerl mit auf der Bühne, den exzellenten Pianisten Claus Raible, der in völlig entspannter Körperhaltung komplexe Soli, angereichert mit Figuren höchster Schwierigkeitsstufe, quasi mal eben so aus dem Ärmel seines Jacketts zaubert und locker auf die Tasten des Bösendorfer Flügels schleudert. Wenn Anna Lauvergnac es zulässt, bietet er eine regelrechte Raible-Show. Zum Glück lässt sie es immer wieder zu.

Am Ende steht, wie so oft, der Blues. Zuerst der „Blow Top Blues“, den sie nicht minder überzeugend singt wie seinerzeit Dinah Washington, dann in der Zugabe „Since I Fell For You“ aus der Feder Buddy Johnson’s. Dieses Stück, gesungen in der ganz speziellen Art der Anna Lauvergnac, in diesem ganz besonderen Ambiente des Birdland, geht richtig zu Herzen. Damit rundet sich das Bild. Diese Künstlerin singt nicht nur aus ihrem Herzen, sie erreicht auch die Herzen ihrer Zuhörer.