„Basst scho!“, so sagt man, sei für einen echten Franken das höchstmögliche Lob überhaupt. Andreas Feith, der die meiste Zeit über in Nürnberg lebt, weiß das. Nach dem Auftritt mit seinem Quartett im Birdland Jazzclub in Neuburg fällt das Urteil freilich um einiges euphorischer aus. „Exzellent“ oder „ausgezeichnet“ trifft es wohl eher.
Der Pianist und Komponist hat zusammen mit seinen Kollegen, dem ebenfalls aus Nürnberg stammenden Echo-Preisträger, Tenor- und Sopransaxofonisten Lutz Häfner, dem Kontrabassisten Martin Gjakonovski und dem Schlagzeuger Solvio Morger ein Album mit dem sonderbaren Titel „Dance Of The Scarabs“ (Tanz der Mistkäfer) auf den Markt gebracht, das er nun im Gewölbe unter der ehemaligen Hofapotheke vorstellt. Es geht dabei um zeitgenössischen Modern Jazz auf höchstem Niveau, interpretiert von einer Band, bei der anscheinend tatsächlich alles passt. Bis auf Fred Lacy’s „Theme For Earnie“ besteht das Repertoire nur aus Bandkompositionen, wobei Lutz Häfner für das knackige „Three And Four“ verantwortlich ist und Feith für den gesamten Rest.
„Funkensprühende Erzählkraft und beherzt zupackende Spielenergie“ wurde ihm bereits anlässlich der Veröffentlichung des Albums attestiert, und nun kann man in der Live-Situation nachvollziehen, was damit gemeint ist. Obwohl jeder der Musiker, allen voran die beiden Hauptsolisten an Saxofon und Piano, seine eigene Spielweise hat, dienen sie doch zusammen mit der absolut überragenden Backline mit Gjakonovski und Morger einem großen gemeinsamen Ganzen. Feith bewegt sich innerhalb seines von ihm selbst als Komponist abgesteckten Rahmens als durchaus wagemutiger, aber eben doch immer der melodischen Komponente verpflichteter Virtuose. Sein Partner am Saxofon rüttelt nach Art des Übervaters Coltrane immer wieder mal ungestüm am Gerüst der Stücke und wird so zum reizvollen Gegenpart zu Feith’s eher erzählendem Modus.
„Fred’s Tune“, Fred Hersch gewidmet, leitet den Abend ein, es folgen das am Anfang der Pandemie entstandene „Melancholia“ und „Encounter“, das Feith seinem Vorbild – dem zweiten neben Bill Evans – Brad Mehldau gewidmet hat, und schließlich „Surviving Flower“, das vom ersten Album gleichen Namens stammt. Ob schnelle Nummern oder einfühlsame Balladen wie „Redemption“ – in solistischer Hinsicht steigern sich beide durchaus mitunter in rasante Tempi hinein und demonstrieren, was sie auch in technischer Hinsicht auf dem Kasten haben. Und doch hat man nie das Gefühl, es käme auch nur eine Minute lang Hektik oder vordergründige Betriebsamkeit auf. Nein, keiner bricht aus, alle ziehen an einem Strang. Der Gesamtsound, das Gesamtfeeling, der Gesamthabitus dieser Combo, dieser „Band“ in wörtlichem Sinne, steht im Vordergrund. Und so werden die knapp zwei Stunden zu einem absolut runden Gesamtkunstwerk. Was das Ganze mit Mistkäfern zu tun hat, ist schnell erklärt. „Die Kompositionen war halt fertig und ich hatte noch keinen Titel für das Album,“ so Feith mit breiten Grinsen. – „Basst scho!“ Oder vielmehr: Was für ein herausragender Abend im Birdland.