Allan Vaché Sextet | 10.10.2009

Neuburger Rundschau | Dr. Tobias Böcker
 

100 Jahre Benny Goodman! Was ist da anderes zu erwarten als flüssiger Swing, perlende Melodien, kultivierte Stilistik? Wenn mit Allan Vaché der zur Zeit wohl direkteste musikalische Nachkomme des King of Swing auf der Bühne steht, dies und mehr in nachgerade vollendeter Eleganz! Das Konzert des 55jähirgen Klarinettisten aus New Jersey im Neuburger Birdland Jazzclub geriet zu einer gutgelaunt lebendigen Feierstunde für swingende Musik.

„With Benny in Mind“ heißt die aktuelle CD Vachés, und in der Tat: In jedem Ton scheint der Spirit des wohl populärsten Jazzmusikers aller Zeiten mitzuswingen, der wie kaum ein anderer eine Bigband schweben und das Ineinander der kleinen Besetzung zu kultiviertem Gleitflug bringen konnte. Das lag vor allem daran, dass Goodman zwei Seiten musikalischer Könnerschaft ideal vereinte: Perfektion der Form und kreative Gestaltung des Inhalts. Dass er dabei auch noch ein Händchen dafür hatte, ausgezeichnete Solisten zu einer Band zu formen, ihnen zugleich – gemäßigten – Freiraum zu schaffen, war das Tüpfelchen auf dem i, zumindest bis den Akteuren die Formen zu kleinteilig, die Räume zu eng und die Inhalte zu unverbindlich wurden. Das war dann die Geburtsstunde des Bebop. Aber das ist eine andere Geschichte.

Mit der hat Allan Vaché nichts zu tun: Der Mann setzt auf Swing pur, traditionellen Sound und möglichst unmittelbare Authentizität. In Zeiten ideologisierter Traditionspflege mancher Jazzpäpste tut es andererseits gut, eine Band zu hören, die das Erbe staubfrei und unverkrampft genießt. Das versteht Vachè ausgezeichnet, mit Esprit und Klasse, wohl gewogener Musik ohne Ecken und Kanten und einer ausgezeichneten Band: dem Schweizer Grandseigneur Isla Eckinger am Bass, Bernard Flegar am Slingerland Schlagzeug, Mike Götz am Bösendorfer und neben dem Leader zwei überaus bemerkenswerten Solisten. Die Band beschwört den Geist der guten alten Zeit und swingt wie aus einem Guss, während John Cocuzzi dem Vibraphon mit fliegenden Schlegeln der Glocken perlend hellen Schlag entlockt, Howard Alden aus dem Griffbrett der siebensaitgen Gitarre Funken stieben lässt und Allan Vachè Esprit und Temperament in perfekt balancierte Soli gießt. Alles andere als „Just One of Those Things“, vielmehr eine überzeugende Vorgegenwärtigung jener Zeiten „After You’ve Gone“, in denen die „Air Mail Special“ auf rasantem Heimflug war.