Die Verwandtschaft von Jazz und Tango ist nicht in erster Linie den musikalischen Grundelementen zu verdanken. Zu weit liegen harmonische, rhythmische und klangliche Ideale auseinander. Dem swingenden Groove des Jazz ist der markant strenge Rhythmus des Tango so fremd wie dem klassisch geprägten Tango die harmonische Freiheit und improvisatorische Ungezwungenheit des Jazz.
Dennoch, beide haben viel gemeinsam, die Herkunft aus der Hafenstadt an der Mündung eines großen Stromes etwa, New Orleans im Delta des Mississippi River und Buenos Aires an der Mündung des Rio de la Plata. Im rot schimmernden Zwielicht des Hafenmilieus gezeugt aus europäischen, afrikanischen und wenigen indigenen Samen, hybride musikhistorische Bastards, eines wie das andere aber von bezwingender Schönheit und Vitalität. Vor allem verbindet beide die dem Unglück der Unterdrückten trotzende Melancholie der Tristeza des Südens, des Blues des Nordens der neuen Welt.
Insofern ist der Tango im Jazzclub gut angesiedelt, fand auch Alejandro Ziegler im Neuburger Birdland einmal mehr ein aufmerksames Publikum. Der argentinische Pianist hat sich mit drei jungen Kombattanten aus der Heimat zusammengetan, Ignacio Quiroz an der Geige, Ariel Obregon am Bass und Javier Stromann am Bandoneon, jener von dem Krefelder Heinrich Band 1848 entwickelten, besonderen Schwester des Akkordeons, ohne die der Tango zumal in seiner klassischen Variante kaum zu denken ist.
Von großem Reiz zeigte sich der konzertante Zusammenklang des von Ziegler geradezu orchestral gespielten Flügels mit dem sonor gestrichenen Kontrabass, der nachgerade schluchzenden Violine und dem zwischen vollmundiger Fülle und einsamer Klage hin und her gerissenen Bandoneon. Zwischen klassischem Tango, dem Tango nuevo Astor Piazollas und Zieglers eigenen Kompositionen changierte ein im zweiten Set deutlich spannenderes Programm, das dem Tango auch künftig seinen Platz im Jazzclub sichern sollte.