Carolyn Breuer – Andrea Hermenau Duo +
Clara Haberkamp – Jakob Bänsch Duo | 11.11.2023

Donaukurier | Karl Leitner
 

Wenn’s im Jazz um Duo-Konzerte geht, werden Kenner automatisch hellhörig. Da sind nicht nur technische Qualitäten der Musiker gefragt, sondern ganz besonders die Chemie zwischen ihnen, ihre Kommunikationsfähigkeit. Da ist jeder gefordert und keiner kann sich hinter einer Band verstecken. Da trennt sich nicht selten die Spreu vom Weizen.

Im Rahmen des 13. Birdland Radio Jazz Festivals gastieren zwei junge, hochinteressante Ensembles dieses Formats in Neuburg, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Zusammen bilden sie einen Teil der ungeheuren Vielfalt des aktuellen Jazz ab, setzen individuelle Schwerpunkte, die jedoch meilenweit voneinander entfernt liegen. Deshalb kann und sollte man sie auch nicht vergleichen, denn jedes Duo für sich ist in höchstem Maße bemerkenswert, liefert im Birdland jeweils ein heftig beklatschtes Set und ist unverwechselbar.

Bei Carolyn Breuer (Alt- und Sopransaxofon) und der Pianistin und Sängerin Andrea Hermenau sind die Rollen klar verteilt. Solistin und Begleitung, klare, ausnotierte Vorgaben, runde, griffige, in sich geschlossene Kompositionen, vorab genau abgesteckter Raum für Soli. Die parallelen Gesangs-, Klavier- und Saxofospuren, etwa bei „Im Rosengarten“ oder bei „Polarstern“ ergeben einen erstaunlich vollen Klang, mit „Beside You“ gelingt dem Duo ein echter Ohrwurm, der das Zeug zum Standard hat, und mit „Mimo Is Back“ demonstrieren sie ihre Ader fürs Hymnische. Hört sich ausnehmend gut an, ist sehr geschmackvoll und souverän komponiert, von Fall zu Fall von beiden einzeln oder auch gemeinsam.

Ganz anders liegt der Fall bei der Pianistin Clara Haberkamp und Jakob Bänsch an Trompete und Flügelhorn. Sie gehen volles Risiko, starten fulminant und rasant mit „Double Eyed“, lassen das lyrische „Mein Herz ist unterwegs“ folgen. Alexander Skrjabin’s „Deux Poëms“, Kenny Wheeler’s „Everybody’s Song But My Own“, Wayne Shorter’s „E.S.P.“, dazu eigene Stücke. Statt des Mainstreams vorher ist mittlerweile Modern Jazz angesagt, bei dem auch Unvorhersehbares leichter möglich ist. Die Musiker öffnen sich, treten in Dialog, offenbaren ihre Befindlichkeit, gehen Wagnisse ein. Zum Beispiel in der Zugabe, als sie kurzerhand mit „White Tea“ eine Nummer ins Programm nehmen, die gerade mal zwei Wochen alt ist.

Es sei „ein Abend für Menschen, die genau zuhören können“ zu erwarten, verrät vorab das Programmheft über das Doppel-Duo-Konzert. Das stimmt. In den leisen Passagen könnte man eine Stecknadel zu Boden fallen hören. Es ist aber auch ein Abend für Menschen, die Musik in sich hineinlassen oder sich in sie versenken können. In der Jazz-Rezeption geht es ja nicht nur um musikalische Erkenntnisse, sondern auch um emotionale Nachhaltigkeit. Dieses Konzert ist ein deutliches Beispiel dafür.