8. Birdland Radio Jazz Festival – Interview

Interview von Karl Leitner für den Donaukurier Ingolstadt mit Manfred Rehm, veröffentlicht am 6. Oktober 2018.

Zum achten Mal geht heuer das vom Birdland Jazzclub in Neuburg veranstaltete und vom Bayerischen Rundfunk ausgestrahlte „Birdland Radio Jazz Festival“ über die Bühne. Zum einen nimmt der BR für seine Programme BR2 und BR4 Klassik acht Konzerte auf und sendet sie zeitversetzt, zum zweiten überträgt er in einer vierstündigen Jazznacht live aus Neuburg das Abschlusskonzert plus Interviews, Diskussionsrunde und spezieller Highlights aus dem gesamten Programm. Manfred Rehm, Chef des Birdland, ist verantwortlich für die Programmgestaltung und die Auswahl der Künstler.

DK: Herr Rehm, wer hatte die Idee und was der Auslöser für den Start des Radiofestivals damals vor acht Jahren?
Rehm: Ich wollte zusätzlich zu den Konzerten im Club ein Festival installieren. Aber in Neuburg gibt’s dafür nicht die passenden Räume. Stadttheater und Kongregationssaal sind zu klein, im Schlosshof ist man zu sehr vom Wetter abhängig. Da kam mir die Idee, dass man ja über den Rundfunk ein noch viel größeres Publikum erreichen könnte.

DK: Wie entstand der Kontakt zwischen dem Birdland und dem BR?
Rehm: Wir hatten damals einen sensationellen Fisch an der Angel, den Pianisten Cecil Taylor, der gab nur zwei Konzerte in Europa, eines in Warschau, eines bei uns hier im Birdland. Ich hab‘ den BR angerufen und gefragt, ob der Sender Interesse hätte, das Konzert aufzuzeichnen. Die konnten das mit Taylor erst gar nicht glauben und haben dann sofort zugesagt. Wir haben uns also zusammengetan und ein Programm um Taylor herumgestrickt. Ich war fürs Programm zuständig und der BR hat‘s unter die Leute gebracht. Das verlief alles recht harmonisch und so wurden mittlerweile acht Jahre draus. Das Faszinierende war, dass wir damit ein Riesenpublikum erreichten, obwohl die Künstler bei uns im kleinen Keller vor gerade mal 130 Leuten spielten. Unabhängig vom Festival gibt es Kontakte mit dem BR ja schon seit einigen Jahrzehnten. Die ersten Aufnahmen fürs Radio sind bereits 1962, damals noch unter Werner Götze, gemacht worden. Seither kommt der BR immer wieder zu uns. Außerhalb des Festivals werden pro Jahr regelmäßig fünf bis acht Konzerte aufgezeichnet.

DK: Nach welchen Kriterien wählen Sie die Künstler für das Festival aus? Sind das die gleichen, die auch fürs „alltägliche“ Birdland-Programm gelten?
Rehm: Wir wollen nicht nur große Stars anbieten, sondern auch unbekannte Namen präsentieren. Aus dieser Kategorie aber nur die besten. Das sind vor allem junge Leute wie heuer das Julia Kadel Trio oder auch das Quintett von Peter Gall. Das „alltägliche Programm“ ist immer so gestaltet, dass es eine möglichst breite Palette an Stilistiken des Jazz abdeckt. Die Frage, ob ein Musiker möglichst viel Publikum anzieht, ist dabei eher nebensächlich. Dieses Prinzip gilt auch für die Konzerte des Radiofestivals.

DK: Inwiefern nimmt der BR Einfluss auf die Auswahl der Künstler?
Rehm: Einflussnahme findet nicht statt, aber ich stimme mich mit dem BR natürlich ab. Vor allem wenn es um junge Gruppen geht, verfügen die Leute vom BR über Erkenntnisse, die ich nicht habe. Der Roland Spiegel (der für das Festival zuständige BR-Redakteur) sitzt ja auch in Burghausen in der Jury, die dort junge Künstler bewertet. Der ist da voll am Puls der Zeit.

DK: Bekommt man Künstler leichter, wenn man damit werben dann, dass der BR im Haus ist und mitscheidet?
Rehm: Ich bekomme für das Birdland das ganze Jahr über eine immense Anzahl von Bewerbungen. Auch von international tätigen Künstlern und deren Agenturen. Wenn der BR mitschneidet, muss man anders verhandeln, um in juristischer Hinsicht nichts falsch zu machen. Aber wir haben da ein recht präzises Vertragswerk, mit denen alle Beteiligten noch immer gut leben konnten.

DK: Bekommt das Birdland während oder nach dem Festival Reaktionen von den Hörern an den Radiogeräten?
Rehm: Es kommen viele Mails. Die meisten werden noch in der Nacht der vierstündigen Liveübertragung abgesendet und sind durchwegs sehr positiv. Es gibt ja viele passionierte Radiohörer. Die sind ganz glücklich, dass es diese Form der Präsentation ihrer Lieblingsmusik gibt. Was sehr gelobt wird, sind auch die Interviews mit den Musikern, die eigens für die Jazznacht gemacht wurden, und auch die Journalistenrunde kommt sehr gut an.

DK: Weiß man, wie viele Hörer die Jazznacht anhören und tatsächlich nachts zwischen zehn und zwei Uhr an den Empfängern sitzen?
Rehm: Ich habe keine offiziellen Zahlen, aber man redet von circa 100.000. Einen Saal, um so viele Leute auf einen Schlag zu erreichen, den gibt‘s gar nicht. Das geht nur übers Radio.