Spielstättenpreis 2021

Presseberichte von Karl Leitner (DK) und Elisa-Madeleine Glöckner (NR)
zum Spielstättenpreis 2021 für den Birdland Jazzclub:

Karl Leitner,  Donaukurier, 7. Juli 2021:

Es ist ja für Manfred Rehm, den Chef des im Kellergewölbe der ehemaligen Hofapotheke in Neu­burgs Altstadt residierenden Birdland Jazzclubs, fast schon zur Gewohnheit geworden, mit dem unter dem Titel „Ap­plaus“ seit acht Jahren existierenden Spielstättenpreis der Bundesregierung bedacht zu werden. Bereits vier Mal war er in den vergangenen Jahren nach Ber­lin gereist, um die dazugehörige Urkun­de und das Preisgeld aus den Händen von Kulturstaatsministerin Monika Grüt­ters entgegenzunehmen.

Heuer freilich lief alles ganz anders ab als üblich. Der Festakt ging im Strea­ming-Format über die Bühne und das Preisgeld in der Kategorie „Programm“, für die das Birdland nominiert war, war mit 50.000 Euro so üppig wie noch nie. Letzteres hat seinen Grund darin, dass der Beurteilungszeitraum sich über zwei Jahre, nämlich 2019 und 2020, erstreck­te. „Es wurden also zwei Zeitabschnitte in die Bewertung mit einbezogen“, sagt Manfred Rehm. „Die Zeit kurz vor Coro­na, als alles noch normal lief, und dann die Zeit der Pandemie mit diesem schier endlosen Lockdown, als gar nichts mehr lief.“

Wobei „gar nichts“ im Falle des Bird­land ja überhaupt nicht stimmt. Statt un­tätig herumzusitzen und zu lamentieren, traf Rehm sofort diverse Maßnahmen, um den Jazz zum Publikum zu bringen, wenn die Leute schon nicht in den Club kommen durften. 25 Livekonzerte aus der Zeit kurz vor dem Lockdown wurden auf dem clubeigenen You Tube-Kanal veröffentlicht – was ein erstaunlich posi­tives Echo hervorrief. Zwischen den Lockdownphasen, als die Inzidenzzahlen mal gerade nicht gar so hoch waren, gab es immer wieder Versuche, Konzerte mit reduzierter Besucherzahl durchzuführen, was in immerhin 40 Fällen aufgrund ei­nes ausgetüftelten Sicherheits- und Be­lüftungskonzepts auch gelang. Und schließlich waren da noch drei Konzerte im Rahmen des Birdland Radio Jazz Festivals ohne Zuschauer, dafür aber mit geschätzten 100.000 Hörern an den Ra­diogeräten.

„Wir standen in ständigem Kontakt mit den Behörden und dem Publikum“, sagt Rehm. Wenn aus dem Gesundheits- und dem Landratsamt am Donnerstag grünes Licht kam, standen am Freitag die Künstler auf der Bühne und die Leute an der Kasse, denn jeder, der ein Ticket ge­ordert hatte, wurde persönlich und kurz­fristig über den Stand der Dinge infor­miert. Das Verhältnis zwischen dem Club und den Musikern war ja schon im­mer ein besonderes. So hat ihnen das Birdland ausnahmslos die komplette Gage bezahlt, auch wenn das Konzert völlig ohne Publikum und somit ohne dessen Eintrittsgelder stattfinden musste. „Das hat natürlich finanzielle Spuren bei uns hinterlassen, aber wir waren das den Musikern ganz einfach schuldig“, sagt Rehm.

Bei der Preisvergabe scheint das alles eine nicht unerhebliche Rolle gespielt zu haben. „Die Clubs gehörten zu den ers­ten Einrichtungen, die in der Pandemie schließen mussten. Als zentrale Orte des kulturellen und urbanen Lebens haben wir sie alle schmerzlich vermisst“, so  Kulturstaatsministerin Monika Grütters. Und weiter: „Jetzt können endlich wie­der Live-Konzerte stattfinden. Da kommt der Applaus-Preis genau zur rich­tigen Zeit: als Starthilfe, als Ermutigung und als deutliches politisches Signal der Wertschätzung für die gesamtgesell­schaftliche Bedeutung der Clubs.“

Was mit dem Preisgeld, das das Bird­land erhalten hat, geschieht, steht bereits fest. „Ein Teil davon wird uns die entfal­lenen Eintrittgelder ersetzen“, sagt Rehm, „ein Teil wird für die Konzerte verwendet, die wegen der Pandemie ent­fallen sind und nachgeholt werden sol­len, und mit einem ein dritten Teil wol­len wir Sonderkonzerte anbieten, auch an Wochentagen, an denen sonst übli­cherweise keine Konzert stattfinden. So haben wir für den September bereits Ron Carter verpflichtet, für den Oktober Pablo Ziegler und im November machen wir ein ganzes Wochenende ausschließ­lich mit jungen, viel versprechenden Musikerinnen.“ Der reguläre Saisonstart im Birdland ist am 10. und 11. Septem­ber mit einem zweitägigen Gastspiel mit Rolf Kühn Yellow + Blue.

Elisa-Madeleine Glöckner, Neuburger Rundschau, 1. Juli 2021:

Einen „Applaus“ für sein herausragendes Programm hat der Neuburger Jazzclub Birdland gewonnen. Damit erhielt das Birdland eine von insgesamt 16 Auszeichnungen in seiner Kategorie, die mit einem Preis in Höhe von 50.000 Euro geehrt wurden. Der „Applaus“ gehört zu den am höchsten dotierten Bundespreisen überhaupt. Er ehrt unabhängige Musikclubs. Insgesamt haben sich in diesem Jahr 620 Spielstätten und Programmreihen beworben, wobei 2,67 Millionen Euro zu vergeben waren. 101 Veranstalter wurden in den drei Hauptkategorien „Programmreihe“, „Spielstätte“ und „Programm“ prämiert. Die Preisverleihung wurde vergangenen Dienstag ab 19.30 Uhr aus dem Säälchen Berlin live übertragen. Grundsätzlich, sagt Manfred Rehm, sei dieser Preis, der seit 2013 vergeben wird, ein „Riesen-Geschenk“ für die Clubs, die zuvor gar nicht von der Politik beachtet wurden. Insbesondere für die Ehrenarbeit in den Spielstätten sei er eine große Anerkennung, zumal von staatlicher Seite tatsächliche finanzielle Hilfe komme. Im Birdland soll das Preisgeld vor allem in die Taschen der Musikerinnen und Musiker fließen. Anstatt deren Gagen wegen Hygiene-Auflagen und eingeschränkter Besucherzahl zu kürzen, wolle man die vollen Gagen ausbezahlen, erzählt der Neuburger Jazzclub-Betreiber. Am 16. Oktober findet in Neuburg zudem die städtische Veranstaltung „Wort Klang Bild“ statt: „Wir öffnen unseren Keller von 19 Uhr bis 23 Uhr und bieten für den kostenlosen Besuch drei Bands an, deren Gagen auch von dem Preisgeld finanziert werden.“ Außerdem plant das Birdland, wegen der Pandemie ausgefallene Konzerte in der zweiten Saisonhälfte als Sonderkonzerte nachzuholen. Die bisherigen finanziellen Einbußen, sagt er, könne man durch das Preisgeld ebenfalls ausgleichen.