Der Birdland-Vorsitzende Manfred Rehm wurde am 27. November 2019 in Berlin von der Kulturstaatsministerin Monika Grütters mit dem Sonderpreis für „Bestes ehrenamtliches Engagement“ ausgezeichnet.
Artikel von Reinhard Köchl in der Augsburger Allgemeinen am 27. November 2019:
Es gibt nur wenige Macher, deren Name wie ein Synonym für etwas ganz Bestimmtes steht. Franz-Josef Strauß, CSU und Bayern, das liegt genauso auf einer assoziativen Wellenlänge wie Uli Hoeneß, der FC Bayern München und Fußball. Und Manfred Rehm ist eben das Birdland in Neuburg und der Jazz, seit über sechs Jahrzehnten schon.
Für die These, dass in dem Städtchen an der Donau tatsächlich eine der besten Jazz-Locations Europas zuhause ist, gibt es immer mehr Fürsprecher. Beim Publikum sowieso, das von überall her nach Neuburg kommt, und gleichermaßen bei Weltstars wie John Scofield, Ron Carter oder Gerry Mulligan, die nicht selten auf ihre reguläre Gage verzichten, nur um wieder einmal Birdland-Luft schnuppern zu dürfen. Inzwischen zählt auch Kulturstaatsministerin Monika Grütters zu den Birdland/Rehm-Fans. Im Rahmen des Spielstättenpreises „Applaus“ wird sie heute Abend im Festsaal Kreuzberg in Berlin nicht nur das Birdland Neuburg auszeichnen, sondern auch Manfred Rehm selbst. Der 78-jährige Macher, den sie zuhause respektvoll „Impresario“ nennen und der dem Club schon seit der Gründung 1958 angehört, erhält als Einziger den Sonderpreis für „Bestes ehrenamtliches Engagement“. Ein Ritterschlag, der sich nicht nur für den Betroffenen gut anfühlt.
1,8 Millionen Euro lässt sich der Bund seit 2013 die Hilfe für Pop- und Jazz-Spielstätten kosten, 378 Veranstalter – so viel wie noch nie – bewarben sich in diesem Jahr, um in den Genuss der Förderung kommen. Im Mittelpunkt steht diesmal aber Manfred Rehm. Ein Prototyp, von dem es heute nur noch wenige gibt, ein Ehrenamtler alter Schule, der seine Leidenschaft in jungen Jahren in ein lebenslanges Engagement überführte, das zwar Leiden schafft, aber auch eine Menge Freude bereiten kann. Denn Rehm liebt den Jazz über alles, ließ sich in der Nachkriegszeit von amerikanischen GIs für die schneidigen Rhythmen und heißen Sax-Soli begeistern, war Gründungsmitglied „seines“ Clubs und übernahm 1985 selbst das Ruder. Mit ihm kam der Erfolg. Der Keller unter der historischen Hofapotheke, den Rehm selbst als Vermessungsbeamter entdeckte, gilt seit 1991 als der vielleicht schönste Jazzclub Deutschlands. Wer echten Jazz sucht, und zeitgeistige Mogelpackungen verabscheut, der kommt am „Birdland“ nicht vorbei.
Manfred Rehms Arbeitspensum entspricht dem eines Vollzeit-Kulturmanagers. Mit einem Unterschied: Sein monetärer Verdienst liegt bei null Euro. „Dafür werde ich jede Woche mit der schönsten Musik entschädigt, die es gibt“, lächelt der Mann, der rund um den Konzertbetrieb nach wie vor alles alleine erledigt. Der letzte Impresario. Nun erhält er den Lohn für seine Verdienste um die bayerische und deutsche Kultur. Für den Jazz.
Artikel von Reinhard Köchl in der „Neuburger Rundschau“ am 30. November 2019:
Es gäbe viele Ehrungen, die Manfred Rehm (78) verdient hätte. Aber nur ganz selten stellt er sich wirklich auf eine öffentliche Bühne und lässt Laudationes über sich ergehen. Denn eigentlich ist ihm dies höchst unangenehm. „Diesmal allerdings konnte ich nicht Nein sagen“, beschreibt der langjährige Motor des „Birdland“-Jazzclubs Neuburg sein Dilemma, das in Wirklichkeit gar keines war. Denn was ihm am vergangenen Mittwoch in Berlin bei der Gala anlässlich des bundesweiten Spielstättenpreises „Applaus“ widerfuhr, das besitzt Premierencharakter. Noch nie zuvor nämlich wurde ein Konzertveranstalter von Bundeskulturminsterin Monika Grütters (CDU) mit dem Sonderpreis für „Bestes Ehrenamt“ ausgezeichnet (wir berichteten im Hauptteil unserer Zeitung). Rehm ist der Erste in Deutschland, der überhaupt in den Genuss dieser Auszeichnung kommt. Neben 18 000 Euro als Spielstättenpreis für das „Birdland“ durfte er weitere 5000 Euro im vollbesetzten Festsaal Kreuzberg, einem ehemaliger Jazzclub aus der Nachkriegszeit, mit nach Hause nehmen.
Grütters wies eingangs auf die Monopolisierung des Konzertgeschäfts hin, die immer weiter voranschreite. In Deutschland würden mittlerweile drei Konzertveranstaltungsfirmen 85 Prozent der Liveeinnahmen unter sich ausmachen. „Umso wichtiger ist es, kleine, nischige Veranstaltungen und Clubs am Leben zu erhalten“, betonte die Staatsministerin. Wie das abseits der Megaplayer funktionieren kann, zeigt das Birdland seit über 60 Jahren in Neuburg an der Donau.“ Manfred Rehm organisiere seinen Jazzclub als gemeinnützigen Verein in der ehemaligen Hofapotheke und habe es geschafft, in einer bayerischen Kleinstadt eine Topadresse für nationale und internationale Jazzkünstlerinnen und -künstler zu formen. Die Staatsministerin: „Unter Rehm entstehen immer neue Ideen, Jazz am Leben zu halten und zu verbreiten. Kein Wunder, dass das Programm auch Gäste von weit außerhalb der Stadtgrenzen ins Birdland lockt.“
Im NR-Interview spricht Manfred Rehm über die Verleihung des Preises, dessen Bedeutung für ihn selbst und das „Birdland“, Synergieeffekte für das Programm und eine Verbündete in der Bundesregierung, die 2020 in Neuburg vorbeischauen will.
Wie kommt man überhaupt dazu, zum ersten Mal überhaupt in der Geschichte des Spielstättenpreises „Applaus“ eine Auszeichnung für „Bestes Ehrenamt“ zu bekommen? Muss man sich da bewerben? Gibt es ein Auswahlverfahren?
Manfred Rehm: Ob es ein Auswahlverfahren oder eine Vorselektion gibt, entzieht sich meiner Kenntnis. In der Bewerbung für den Spielstättenpreis „Applaus“ habe ich in diesem Jahr zum ersten Mal den Begriff „Ehrenamt“ gelesen. Aber wie soll ich das, was ich seit Jahrzehnten mache, überhaupt in einer gewinnbringenden Bewerbung formulieren? Das wäre ja Eigenlob und so etwas liegt mir überhaupt nicht. Also habe ich einfach einen Artikel aus dem Kulturteil Ihrer Zeitung genommen, der anlässlich des 60. Geburtstags unseres Clubs im vergangenen Jahr erschien, und habe den kommentarlos mitgeschickt. Das muss offenbar so überzeugend gewesen sein, dass ich den Zuschlag bekam. Die Jury-Entscheidung war einstimmig, und der Applaus, den ich bei der Verleihung quer durch alle Fraktion – egal ob Jazz oder Pop, Jung oder Alt – bekommen habe, hat mich selbst überwältig.
Die Auszeichnung ist auch eine Würdigung Ihrer Verdienste um das „Birdland“.
Rehm: Ja. Und darüber habe ich mich sehr gefreut. Gleichzeitig steht der Preis aber auch stellvertretend für alle anderen Konzertveranstalter, die sich viele Jahre ehrenamtlich für den Jazz und andere Musikrichtungen einsetzen. Sie leisten ebenso wertvolle Arbeit wie ich und waren diesmal leider nicht im Rampenlicht.
Welchen Stellenwert hat diese Auszeichnung aus den Händen von Kulturstaatsministerin Monika Grütters für Sie persönlich?
Rehm: Einen immens hohen! Wir machen schon seit Jahrzehnten regelmäßig Programm und haben in dieser Zeit außer den Zuschüssen der Stadt Neuburg und des Landkreises noch nie eine Förderung aus der Politik erhalten. Die Würdigung des Clubs und den Ehrenamtspreis verstehe ich nicht nur als Auszeichnung im materiellen Sinn, sondern vor allem als Anerkennung unserer Arbeit. Damit wird aber auch der Jazz im Besonderen aufgewertet, eine Musikrichtung, die primär keine kommerziellen Ziele verfolgt. Der „Applaus“ ist eine fantastische Einrichtung, die allen Konzertveranstaltern enorm weiterhilft. Es gibt ihn nun seit 2013, das „Birdland“ war bislang fünf Mal dabei. Man spürt förmlich die von Jahr zu Jahr wachsende Ernsthaftigkeit und den Willen der verantwortlichen Initiative Musik um Professor Dieter Gorny und Ministerin Grütters, diesen Spielstättenpreis kontinuierlich aufzuwerten. 2019 wurden 1,8 Millionen Euro ausgeschüttet – so viel wie noch nie. Außerdem gab es neben dem „Ehrenamt“ diesmal Preise in der Kategorie „Gleichstellung“ und „Inklusion“. Da kann man nur den Hut davor ziehen! Monika Grütters hat mir außerdem versprochen, Neuburg und dem Club anlässlich des 10. Birdland Radio Festivals im November 2020 einen Besuch abzustatten. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Sie ist mittlerweile eine echte Verbündete für mich.
Wie wird sich der warme Geldregen auf das Programm im „Birdland“ auswirken?
Wir wollen weiter Bands fördern, die Talent, aber noch keinen Namen besitzen. Für die ist ein Auftritt im „Birdland“ ein willkommenes Karriere-Sprungbrett. Dazu zählen auch Konzertreihen wie „Jazz aus der Region“, in der wir regelmäßig regionalen Gruppen eine Chance geben wollen, sich in diesem großen Rahmen zu präsentieren. Denn wir sind kein elitärer Club! Konkret will ich diesmal den Schwerpunkt auf die Ausgestaltung des Radio Jazz Festivals setzen und zum Jubiläum ein richtig tolles Programm aufbieten, das auch legendäre Künstler wie Archie Shepp, die in der Geschichte unseres Clubs eine entscheidende Rolle einnehmen, nach Neuburg lockt. Der ist mittlerweile 82, spielt aber nach wie vor.
Ihr Arbeitsaufwand kommt dem eines hauptamtlichen Kulturmanagers gleich. Warum tun Sie sich alles das überhaupt an?
Weil es mir einfach riesigen Spaß macht! Und weil ich sehe, wie sich die Dinge von Jahr zu Jahr zum Positiven entwickeln. Wir genießen inzwischen so viel Vertrauen bei unseren Gästen, dass unser Programm auch mit einer gewissen Vielfalt durchaus Akzeptanz findet. Der Keller ist fast immer gut gefüllt. Außerdem verstehe ich die Arbeit für den Club für mich persönlich als Medizin. Wenn man sich mit interessanten Dingen beschäftigt, regelmäßig schöne Musik hört und dann auch noch die Reaktion des Publikums spüren darf, dann entlohnt mich das mehr als reichlich.
Die Frage nach der Zukunft des „Birdland“ spare ich mir . . .
. . . weil sie überhaupt nicht angebracht ist. Ich bin doch noch da! Und ich will mindestens noch zehn Jahre so weitermachen!
Artikel von Karl Leitner im „Donaukurier“ am 2. Dezember 2019:
Den bundesweit ausgelobten Spielstättenpreis „Applaus“, den die Initiative Musik gGmbH unter der Schirmherrschaft des Bundes vergibt, hatte Manfred Rehm in den vergangenen Jahren ja bereits des Öfteren schon in Empfang nehmen dürfen. Diese Auszeichnung für Live-Clubs, die das ganze Jahr über ein besonders herausragendes Musikprogramm bieten, wird alljährlich von Kulturstaatsministerin Prof. Dr. Monika Grütters persönlich in Berlin verliehen. Wieder einmal war also Rehm in die Hauptstadt gereist, um im bis auf den letzten Platz besetzen Festsaal Kreuzberg – einem früheren Jazz Club im Osten der Stadt – den mit 18.000 Euro dotierten Preis für den Neuburger Birdland Jazzclub, dessen Chef Rehm ist, entgegenzunehmen.
Dieses Prozedere kennt er bereits, denn immerhin bekam er die Auszeichnung in diesem Jahr bereits zum vierten Mal. Der weitere Verlauf der Gala aber war auch für ihn neu. Zuerst wurde ein vorab von einer eigens aus Berlin nach Neuburg entsandten Filmcrew über das Birdland erstelltes Feature vorgeführt, anschließend wurde zusammen mit dem Spielstättenpreis, den neben dem Birdland auch andere Livebühnen in verschiedenen Bundesländern erhielten, diesmal ein Sonderpreis für das „Beste Ehrenamt“ vergeben. Der ist personengebunden, mit 5.000 Euro dotiert, wurde heuer erstmals verliehen und auch nur an eine einzige Person, und zwar an Manfred Rehm.
Das bedeutet, dass Rehm für die kommende Konzertsaison insgesamt 23.000 Euro mehr zur Verfügung hat als sonst. Was natürlich ein absoluter Glücksfall ist. Rehm freilich muss keine Sekunde überlegen, was er denn nun mit den zusätzlichen finanziellen Mitteln tun wird. „Die fließen selbstverständlich ins Programm“, sagt er, „und zwar vor allem ins Birdland Radio Jazz Festival 2020.“ Das wird im Oktober und November des kommenden Jahres stattfinden, ist das zehnte seiner Art und folglich ein Jubiläumsfestival. „Das soll schon etwas Besonderes werden“, sagt Rehm, und weil „das Besondere“ in der Regel etwas mehr kostet als das Übliche, kommt das Preisgeld gerade recht.
Nachdem Rehm ein Veranstalter ist, der eine günstige Gelegenheit sofort erkennt, wenn sie sich bietet, und sie auch sofort beim Schopfe packt, hat er noch während der Preisverleihung in Berlin sofort die Weichen gestellt. Das Kathrin Pechlof Trio, das die Gala musikalisch umrahmte, habe ihn dermaßen beeindruckt, dass er es quasi von der Bühne in Kreuzberg herunter sofort für die Birdland-Radio-Jazznacht 2020 verpflichtet habe. Und die Ministerin habe er natürlich auch gleich mit eingeladen, sagt er. Die Band und auch Monika Grütters, die selbst eine leidenschaftliche Jazzenthusiastin sei, hätten sich sehr erfreut gezeigt und auch sofort und definitiv zugesagt.
Manch einer fragt sich ja immer wieder, wie es möglich ist, dass regelmäßig Weltstars des Jazz ausgerechnet in einer vergleichsweise kleinen Stadt wie Neuburg zu hören und zu sehen sind. Das liegt an Menschen wie Manfred Rehm, die ein Leben lang eine Idee mit Leidenschaft und Herzblut verfolgen, weil ihnen die Sache wichtig ist, nicht die eigene Person. Musiker kommen ja viel herum, und wenn man aus ihrem Munde immer wieder hört, sie hielten das Birdland für den schönsten Jazzclub Deutschlands, dann sagt das schon einiges aus. Das liegt nicht nur an dem wunderschönen Ambiente, an der intimen Atmosphäre, an der exzellenten Akustik, an der Professionalität der Mitarbeiter vor Ort, an der herzlichen Aufnahme, die Musiker wie Gäste jederzeit dort finden, sondern vor allem an Rehm selbst. Er steht nicht nur hinter dem Birdland. Er ist das Birdland. In der Tat: Bei der Preisvergabe in Berlin hat’s genau den Richtigen erwischt.
Artikel von Roland Spiegel auf der Website des Bayerischen Rundfunks:
Eine Premiere: Der Motor und Kopf des Jazzclubs „Birdland Neuburg“, Manfred Rehm, nahm von Kulturstaatsministerin Monika Grütters den Sonderpreis „Bestes ehrenamtliches Engagement“ entgegen.
107 Live-Clubs und Programmreihen in ganz Deutschland erhielten vergangene Woche bei einer Gala in Berlin den Spielstättenprogrammpreis „Applaus“. Insgesamt fast 1,8 Millionen Euro wurden dabei vergeben. Damit ist „Applaus“ – der Name steht für „Auszeichnung für die Programmplanung unabhängiger Spielstätten“ – einer höchstdotierten Kulturpreise des Bundes.
Unter den Preisträgern befinden sich so bekannte Jazzclubs wie das „A-Trane“ und das „Quasimodo“ in Berlin, aber auch die „Unterfahrt“, das „Feierwerk“ und die „Seidlvilla“ in München, das „Jazzstudio“, der „Hirsch“ und die „Tante Betty Bar“ in Nürnberg, das „Café Museum“ und der „Zauberberg“ in Passau, der „Live-Club“ in Bamberg, „The Raven“ in Straubing – sowie der Jazzclub „Birdland“ in Neuburg an der Donau. Das „Birdland“, das in der sogenannten Kategorie 2 mit 52 Veranstaltungen pro Jahr 18 000 Euro erhielt – wurde gleich doppelt geehrt, da sein Programmgestalter Manfred Rehm, der seit 61 Jahren Mitglied des Clubs ist, zusätzlich den überhaupt zum ersten Mal vergebenen Preis „Bestes ehrenamtliches Engagement“ bekam (5000 Euro). Manfred Rehm präsentiert im „Birdland“ sowohl berühmte internationale Stars wie Carla Bley, Charles Lloyd oder John Scofield, aber auch junge Musikerinnen und Musiker nicht zuletzt aus der deutschen Szene wie Julia Kadel, Eva Klesse und Peter Gall. Das „Birdland“ gehört zu den Clubs, in denen die Jazzredaktion des Bayerischen Rundfunks regelmäßig Live-Mitschnitte macht, nicht zuletzt beim herausragend programmierten „Birdland Radio Jazz Festival“ im Herbst, das es 2019 zum 9. Mal gab.