Revivalbands haben Konjunktur. Wenn die Originale nicht mehr existieren oder nicht greifbar sind, bedient sich der Hörer gerne des Duplikats. Elvis, die Beatles, Pink Floyd, AC/DC, Rammstein – im Sog geschichtsträchtiger oder sagenumwobener Künstler findet sich immer ein Nachahmer, der um so beliebter ist, je näher er an das Original herankommt. Frisur, Look und Outfit müssen übereinstimmen und die Musik natürlich auch. Am besten Ton für Ton.
Was für Rock und Pop gilt, gilt für den Jazz auch, aber nur eingeschränkt, denn obwohl es – wie im Falle der Hot Stuff Jazzband, die an diesem Abend im ausverkauften Birdland Jazzclub in den Tiefen der Vergangenheit schürft – auch hier um Nostalgie geht, die „gute alte Zeit“ und in diesem Fall um die ganz auf eine bestimmte Ära des Jazz fixierte Vorliebe der Zuhörer, wird die Authentizität nicht zur bedingungslosen Kopie. Schon allein zwangsläufig deswegen nicht, weil all die Stücke des Oldtime Jazz, des Swing und des frühen Blues, all die Filmmelodien und die Broadway-Songs gar nicht detailgetreu nachspielbar sind. Schon allein der Soli wegen nicht. Covern ist ja auch etwas ganz anderes als kopieren. Ersteres erfordert Kreativität und Innovation, letzteres lediglich die Fähigkeit, das nachzumachen, was andere vorge-macht haben.
Und so ist die Hot Stuff Jazzband mit Heinz Dauhrer (Trompete, Gesang), Butch Kellem (Posaune, Gesang), John Brunton (Gitarre, Gesang), Gary Todd (Kontrabass) und Hermann Roth (Schlagzeug) auch bei ihrem diesmaligen Auftritt im Birdland einmal mehr eine Formation, die zwar auch auf den hohen Wiedererkennungswert der ausgewählten Stücke setzt, um damit beim Publikum die gewünschten Reaktionen hervorzurufen, wohl wissend, dass jene um so deutlicher ausfallen, je mehr es – wie Max Goldt es so treffend ausdrückte – das eigene Gedächtnis beklatschen kann. Das ist überhaupt nicht verwerflich und gar nicht abwertend gemeint, sondern einfach nur eine Feststellung, die für viele Bereiche gilt. Man fühlt sich besonders sicher und wohl mit dem, was man bereits kennt und hat deswegen besonders großen Spaß daran.
Im Falle der Hot Stuff Jazz Band bedeutet das ein Wiederhören mit den üblichen Verdächtigen, mit Sidney Bechet, Louis Armstrong und Duke Ellington und Stücken wie „Honeysuckle Rose“, „C’est Si Bon“ und dem „Basin‘ Street Blues“. Aber dabei bleibt es nicht. Denn obwohl die Bandmitglieder kein einziges Stück ihres Repertoires selber komponiert haben, selbige also sofort als Adaptionen identifizierbar sind, kommt hier dennoch eine gehörige Portion Eigeninitiative mit ins Spiel. Selbst entworfene Arrangements und absichtlich vorgenommene Veränderungen, die die Hot Stuff-Versionen nicht nur von den ursprünglichen Vorlagen unterscheiden, sondern auch von den nachträglichen Varianten ähnlich ausgerichteter Bands, heben das Quintett letztendlich doch über den Status einer reiner Revival-Band hinaus und verleihen ihm ein durchaus eigenes Gesicht. Und nachdem am Ende auch das Publikum per Zugabenforderung seine Zufriedenheit signalisiert, kommt man unweigerlich zu dem Schluss, dass die Hot Stuff Jazzband anscheinend einmal mehr alles richtig gemacht hat. Erwartungen erfüllt, Konzept aufgegangen.