Denis Gäbel Quartet | 19.01.2019

Donaukurier | Karl Leitner
 

Denis Gäbel ist einer der vielversprechendsten jungen deutschen Tenorsaxofonisten und hat sich hierzulande bereits früh einen erstklassigen Ruf erspielt. Gleichzeitig steht er in lebhaftem Kontakt mit der aktuellen New Yorker Jazzszene, was dazu führte, dass er sein aktuelles Album „The Good Spirits“ am Big Apple aufnehmen konnte. Die darauf enthaltenen Stücke präsentiert er nun seinen Landsleuten auf einer kleinen Konzertreise, die im Birdland in Neuburg an diesem Abend ihren Abschluss findet.

Ist Gäbel in geografischer Hinsicht also ein Wanderer zwischen den Welten, so ist er dies auch in musikalischer. Vergleicht man die Eröffnungsnummer „Glow“ mit „Neon Light“ ganz am Ende, treten die Unterschiede klar zutage. Das Konzert beginnt mit Stücken, in denen Gäbel und seine Mitstreiter, Sebastian Sternal am Flügel, Reuben Rogers am Kontrabass und Clarence Penn am Schlagzeug sich immer wieder ziemlich weit entfernen von dem, was man als „eingängig“ bezeichnen würde. In dieser Phase lädt das Quartett den Hörer nachdrücklich ein, melodischen und rhythmischen Motiven nachzuspüren. Lässt man sich darauf ein, versucht man, eine Figur mental zu greifen, entführt einen die Band immer wieder in unbekannte Gefilde, ehe man sich unversehens dann doch wieder in vertrautem Terrain wiederfindet. Das ist überaus spannend.

In der zweiten Hälfte des Konzerts stehen die „griffigen“ Stücke im Vordergrund. Sebastian Sternals perlende Kaskaden sprudeln nun auf einem deutlich akzentuierteren Groove, Clarence Penn und Reuben Rogers sorgen nun sogar für ein klein wenig funky Flair und Gäbel selbst, dessen Sound das Fachmagazin „Downbeat“ mit dem eines Sonny Rollins vergleicht, spielt ein dramaturgisch perfekt aufgebautes Solo nach dem anderen und gibt ein Paradebeispiel dafür ab, was man tun muss, um im Verlauf von zwei oder drei Minuten die Intensität bis zum Siedepunkt zu steigern. Dass schließlich die letzte reguläre Nummer des Abends, nämlich „Neon Lights“ aus dem Album „Neon Sounds“ von 2013, eindeutig aus der Fusion-Ecke kommt, ist zu diesem Zeitpunkt nur folgerichtig.

In welcher stilistischen Welt man sich besser aufgehoben fühlt, liegt im Auge des Betrachters oder, besser gesagt, im Ohr des Hörers. Vermutlich aber ist es genau diese Vielseitigkeit, die den Abend im Birdland mit dieser deutsch-amerikanischen Band zuerst so ungewöhnlich, dann, nach einer Phase des Abtastens und Einstimmens immer interessanter und spannender und schließlich geradezu mitreißend macht. Mit „East Coasting“ von Charles Mingus in der Zugabe sind dann freilich persönliche Vorlieben gar nicht mehr von Belang. Dieses Stück in dieser Bearbeitung ist ganz einfach ein Leckerbissen. Darauf können sich wohl alle im Saal einigen.